Was reimt sich auf Halma?

Alma vielleicht, oder aber Fallma. Das kommt von Fallma nicht hin. Damit werden wir auch noch zu tun kriegen, aber dazu an anderer Stelle mehr. Wir befinden uns noch immer auf unserem ersten Roadtrip und haben die Ostküste im Schnelldurchlauf abgehakt und nachdem wir diese Tropfsteinhöhle nicht betreten konnten, war es ein betretenes Schweigen, das uns zu unserem Hauptziel begleitete.

Das Ziel an unserem ersten Tag mit Auto ist Palma. Palma ist die größte Stadt auf Mallorca und außer dem Flughafen haben wir eigentlich nichts zu sehen bekommen, bisher. Wir fahren aus zwei Gründen hierher. Ich möchte die örtliche Kathedrale sehen (die Kinder auch und der Hase….naja auch ein bisschen) und der Hase möchte uns zeigen, was am Ballermann so alles abgeht. Schließlich war sie schon zweimal da und hat ein Fass aufgemacht. Vertauschte Rollen, denn die Fässer mache ich sonst auf und bin einer Trinkerei über ein langes Wochenende nicht abgeneigt. Aber am Ballermann war ich noch nie. Und ich muss gestehen, dass es mich auch noch nie gereizt hat. In erster Linie, weil ich die Musik, die man damit immer verbindet, nicht mag. Ich behaupte von mir, dass ich ein lustiger Trunkenbold bin, aber bei der Musik hört der Spaß auf. Manches kann man sich vielleicht noch schöntrinken, aber eben nicht alles. Und ich glaube am Ballermann gibt es nicht genug Alkohol für mich, um das auszublenden. Ich bin in dieser Hinsicht einfach zu ernst.

Bevor wir in Palma einfach so ins Ungewisse fahren würden, hatte ich mich am Vorabend noch ein bisschen in die Materie eingelesen. Tenor des Ganzen: Die Kathedrale ist schön, der Weg dorthin schwierig und Parkplätze gibt es in der Regel in großen Parkhäusern in der Nähe der Altstadt, aber im Normalfall ist da tagsüber kein Platz frei. Im Winter vielleicht, aber von dem sind wir weit entfernt. Da wir so rein gar keine Ortskenntnis und erst recht keine guten Ideen haben, lasse ich unseren Sohn als Navigator eine Route bis zur Kathedrale suchen. Dann würden wir vor Ort entscheiden, wo wir parken. Oder aber an der Kathedrale vorbeifahren, kurz beeindruckt sein und dann schnurstracks zum Ballermann düsen, damit ich ein paar Hektoliter Bier trinken könnte. Was aber schwierig ist, weil ich der Fahrer bin und als einziger einen Führerschein dabei habe. Irgendwas ist immer.

Die Kathedrale ist etwas höher gelegen, als die Straße, die uns in ihre Richtung führt. Und mit einem Mal eröffnet sich für uns die Möglichkeit, ein Parkhaus, nicht weit entfernt, zu nehmen und dann zu Fuß zu dem beeindruckenden Bauwerk zu gehen. Im Hasen regen sich erste Widerstände gegen den Fußmarsch. Und so fahren wir auf dieses Parkhaus zu, oder aber auf die Abfahrt vom Highway zu diesem Parkhaus. Und wie es immer bei uns ist, wenn wir vor einer spontanen Entscheidung stehen, gibt es auch diesmal unterschiedliche Meinungen dazu, ob wir das Parkhaus anfahren sollen, oder aber weiter suchen. Und so sitze ich am Steuer und schalte in kurzen Intervallen den Blinker an und aus. Ich werde langsamer, weil keiner von uns sich dazu durchringen kann, etwas zu entscheiden. Also nehme ich mein Herz in die Hand und entscheide, dass wir hier abbiegen. Und genau das ist der Moment, in dem ich weiß, dass diese Entscheidung falsch ist. Was aber nicht schlimm ist, weil jede andere Entscheidung ebenso angezweifelt würde.

Ich kann mich noch lebhaft an einen Wochenendtrip nach Berlin erinnern. Und daran, dass wir bei einer Besichtigungstour durch die Stadt zu Fuß an eine große Kreuzung kamen. Und wie es an einer Kreuzung so ist: man kann in verschiedene Richtungen weiter fahren. Hier waren es vier Richtungen, die man entweder mit der Straßenbahn oder per Bus und dergleichen befahren konnte. Und so sind wir von einer Straße zur anderen gegangen, haben Fahrpläne studiert und waren uns unschlüssig und sind weiter gegangen und gegangen. Ungelogen sind wir viermal die komplette Kreuzung abgeschritten, ohne dass wir zu einem brauchbaren Ergebnis gekommen waren. Irgendwann kam ein Bus und aus Verlegenheit und in Ermangelung anderer Alternativen sind wir eingestiegen. Natürlich war auch das die falsche Entscheidung.

Das Parkhaus, das wir nun in Palma ansteuern hat so seine Eigenarten. Es ist groß. Nein, es ist sehr groß. Ach was sage ich, die Parkebene, auf der wir uns befinden ist so groß, dass man meint, die Erdkrümmung würde dort sichtbar werden. Wenn Du auf der einen Seite abends reinfährst, siehst Du auf der anderen Seite schon den Sonnenaufgang des nächsten Morgens. So groß ist dieses Parkhaus. Das Wetter ist im Übrigen wie immer in diesen Tagen: Sonne, Sonne und nochmal Sonne. Und es ist bullig heiß. Deshalb ist es auch am Schönsten, wenn man ins Mittelmeer hüpfen kann, um sich abzukühlen. Oder aber man nimmt ein klimatisiertes Auto für diesen Zweck. Ich beginne dem Hasen das Parkhaus ein wenig schmackhaft zu machen. „Hase“, sag ich, „das Gute an Parkhäusern ist, dass sie immer schön kühl sind.“

Damit habe ich im Allgemeinen auch Recht, aber dieses Parkhaus ist anders. Als ich eingeparkt habe und wir aussteigen, schlägt uns eine Hitze entgegen, die man draußen nicht einmal in der Sonne erreicht. Es ist, als ob hier das Heizkraftwerk von der ganzen Insel wäre. Ja, das muss man wirklich sagen, es ist heiß hier, aber bei Weitem noch nicht der heißeste Ort, an dem ich irgendwann mal gewesen bin. Der Hase steigt aus, wirft sich die Hand an die Stirn und ist einer Ohnmacht nahe: „Das ist der heißeste Ort an dem ich je gewesen bin.“ Der Hase neigt manchmal zu Theatralik Superlativen. So waren wir irgendwann einmal in Werningerode und hatten da Pizza gegessen, die jetzt nicht so wirklich toll war, aber ganz übel halt auch nicht. „Das ist die schlechteste Pizza die ich je gegessen habe“, beurteilte der Hase das Teigwerk. Man mag gar nicht wissen, wie sie mich beurteilt.

Nun stehen wir also im heißesten Parkhaus aller Zeiten und versuchen uns zu orientieren. Es gibt zwar Schilder, aber die sind auf spanisch und es gibt auch Richtungspfeile, aber die sind eher irreführend. Eine Entscheidung in welche Richtung es gehen soll, muss her. Nicht schon wieder, denke ich und sage ohne zu zögern: „Da lang.“ Getreu dem Motto: Absolute Ahnungslosigkeit kann man durch selbstsicheres Auftreten kompensieren. Wir gehen ein paar Meter in die eine Richtung, bis uns Zweifel daran kommen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Also machen wir kehrt. Die gute Nachricht ist, diese Richtung stellt sich als richtig heraus. Die schlechte Nachricht ist, je weiter wir gen Ausgang gehen, desto mehr freie Parkplätze gibt es. Wir hätten also wesentlich näher am Ausgang parken können, was bei einem Parkhaus dieser Größe von großer, größerer oder größter Bedeutung ist. Und der Hase lässt keine Gelegenheit aus, mich darauf hinzuweisen. Auch wenn ich sie vielleicht nicht gerade würgen möchte, tragen ihre Sticheleien nicht zu einer Anhebung meiner Stimmung bei. Vielleicht möchte ich sie doch würgen und vielleicht möchte der Hase seinerseits auch mich würgen.

Wir erreichen die Ausgangstür und gehen ans Tageslicht. Die Sonne brennt uns auf den Pelz und es ist noch heißer als im Parkhaus. Ich vermeide es, den Hasen darauf hinzuweisen, dass das Parkhaus nun nicht mehr der heißeste Ort ist. Das wäre ja auch ziemlich kleinlich. Also verzichte ich auf eine Richtigstellung. Aber Recht habe ich schon. Wie ich meistens Recht habe. Auch wenn der Hase das komplett anders sieht.

Die Kathedrale ist in unmittelbarer Nähe. Nur steht sie auf einer Anhöhe und der Weg dorthin ist nicht einfach geradeaus. Wir werden noch ein gutes Stück wandern müssen. Und das bei der Affenhitze. Wer zum Henker wollte eigentlich unbedingt diese blöde Kathedrale sehen? Und außerdem habe ich Hunger. Und Durst und aufn Arm will ich auch. Dem Hasen geht es ähnlich. Also beschließen wir erstmal irgendwas zu essen. Vielleicht ja mal was Heimisches. Aber angesichts der vielen Meeresbewohner, die man hier so isst und die nicht nur dem Hasen suspekt sind, gehen wir dann doch mal zu Mc Donalds. Der wiederum hat drei entscheidende Vorteile: Er ist klimatisiert, man kann an einem Automaten (der auch Deutsch versteht) bestellen und es gibt Toiletten. Außerdem funktionieren hier auch Gutscheinaktionen. Es ist magisch.

Wir sind in diesem Fastfoodladen nicht die einzigen Ausländer. Es scheint fast so, als würden sich hier die Menschen aus aller Herren Länder treffen. Was mich zu der Feststellung treibt, dass ich nun ein Kosmopolit bin. Da gibt es doch auch einen Cocktail von. Vielleicht sollte ich den mal probieren. Der Mc Donalds ist rund einen halben Kilometer von der Kathedrale entfernt, was zur Folge hat, dass wir ein ganz schönes Stück laufen, um dorthin zu gelangen. Und auch wieder ein ganz schönes Stück zurück und es ist nicht unbedingt alles ebenerdig. Man betritt die Kathedrale durch einen Hintereingang und vor dem ist eine fette Schlange. Nein, nicht das Reptil, sondern lauter Menschen, die alle in das Gemäuer wollen. Und Einlass ist nur bis 17 Uhr und das ist nicht mehr sehr lange hin. Der Hase verzweifelt: „Das schaffen wir nie. Wir sind nicht vorbereitet.“

Wir schaffen es doch, denn die Schlange wird zusehends kleiner und wir sind bei Weitem nicht die Letzten, die hier rein wollen. Neun Euro kostet der Spaß. Pro Person versteht sich. Das erscheint mir ein bisschen viel. Vielleicht sollte ich zum Ausgleich ein paar Kerzen mitnehmen, oder ein Stück von einer Sitzbank oder etwas vom Altar oder eine Orgelpfeife. „Der Vorteil an so einer Kathedrale ist, dass es dort wesentlich kühler ist, als draußen“, mache ich dem Hasen Mut. Nun ja, ganz so warm wie das Parkhaus ist sie jetzt nicht, aber kühl ist was anderes. Bevor man die eigentliche Kirche betritt, durchschreitet man ein Museum. Das ist etwas hochtrabend formuliert, denn es ist kaum größer als zwei Wohnzimmer und beherbergt ein paar Gegenstände, die wahrscheinlich jeden Kunsthistoriker vor Rührung weinen lassen, aber bei uns eher ein Achselzucken hervorrufen. Kulturbanausen, die wir nunmal sind.

Die Kathedrale selbst ist größer als erwartet und dann aber auch kleiner als gedacht. Und selbst bei langsamster Besichtigungsgeschwindigkeit hat der Kulturbanause an sich das alles in rund einer halben Stunde abgefrühstückt. Zur Freude des Hasen sind wir schnell durch und betrachten noch den fulminanten Ausblick von einer Art Stadtmauer aus, auf den Hafen, bei dem gerade fünf abnorm große Kreuzfahrtschiffe angelegt haben. Sowas habe ich noch nie gesehen und es ist wohl auch einmalig, wie ich später erfahre. Es ist so etwas wie eine Art Stau, weswegen die alle hier vor Anker sind.

Der Hase möchte noch gerne zu einer großen und berühmten Markthalle. Also gehen wir auch dorthin. Das sind diesmal knapp zwei Kilometer über Kopfsteinpflaster in breiten Gassen, die wir zu gehen haben und die auch wieder nicht ebenerdig sind. Es ist schon anspruchsvoll und die Altstadt ist auch schön, aber wir haben wenig Augen dafür. Unser Zeitplan ist ziemlich voll. Und wir erreichen die Markthalle mit knapper Not, gehen herein und sehen…..Naja, wir sehen, dass alle Markstände schon geschlossen sind und ein paar Leute noch aufräumen. Hat jetzt also nicht so besonders gut geklappt, aber man musste es versuchen. Wir gehen wieder zurück, kommen wieder auf die Kathedrale zu und gehen wieder über diese Stadtmauer, von der wir in eine Art Innenhof blicken, der rund 15 Meter unter uns ist. Dort spielt sich eine Band warm, die heute Abend noch einen Auftritt hat. Es ist eine Mischung aus Pop, Rock und etwas, dass ich für spanische Folklore halte, was sie spielen und es klingt super. Zusammen mit dem gesamten Ambiente und dem Ausblick zur anderen Seite, ist es wie im Urlaub. Ach, da sind wir ja gerade wirklich. Man mag es kaum glauben. Und der Hase, der mit einigen Dingen gehadert hat an diesem Tag, ist rundum glücklich. Ein schöner Moment. Man möchte ihn festhalten.

Wahrscheinlich gibt es in Palma noch viele Sehenswürdigkeiten, aber dann müsste man hier einen ganzen Tag verbringen. Da wir aber so viel wie möglich in unseren zwei Autotagen sehen wollen, müssen wir weiter. Der Ballermann ruft. Und im Hasen erwachen so langsam die Lebensgeister. Und wenn ich immer gedacht hatte, dass die Saufmeile so ziemlich direkt in Palma liegt, muss ich jetzt erkennen, dass wir doch noch ein paar Kilometer zu fahren haben. Der Hase schäumt über vor Freude, als sie die Gegend wieder erkennt. Der Rest der Familie teilt diese Erinnerungen nicht und ist deswegen eher verhalten.

Der Hase war nach unseren Wanderungen durch Palma ziemlich erschöpft, verständlicherweise. Mir ging es da aber noch gut. Ich bin halt hart im Nehmen und so leicht erschüttert mich nichts. Wir parken irgendwo an einer großen Straße und müssen in eine Seitengasse Richtung Strand gehen. Wir steigen aus, der Hase hüpft förmlich. Hat sie etwa irgendwas eingeworfen während der Fahrt? Ich gehe los und spontan gibt mein Knie, ich glaub es ist das Rechte, nach. Ein stechender Schmerz durchzuckt mich und ich kann nicht umhin, meine Familie dezent darauf aufmerksam zu machen. „Autsch“, sage ich und habe ein schmerzverzerrtes Gesicht. Aber man ignoriert mich. Der Hase ist euphorisch und möchte uns zeigen, wo sie genächtigt und wo sie gefeiert hat. Da nimmt man keine Rücksicht auf Verluste in den eigenen Reihen. „Autscht“, sage ich nochmal, diesmal entsprechend lauter.

Man wird aufmerksam. „Was isn los?“, fragt der Hase. Und ich sage wahrheitsgemäß: „Ich habe Schmerzen im Knie.“ „Guck mal, da vorn ist der Bierkönig“, sagt der Hase und übergeht mein schmerzhaftes Intermezzo. Tapfer humpelnd gehe ich meiner Familie hinterher. Zur Hälfte der Gasse ändert sich das Straßenbild, dass bis da hin noch von Hotels geprägt ist. Eine Art Barriere sorgt dafür, dass hier keine Autos durchfahren können. Die Straße ist voll von Vollen. Und überall sind junge dunkelhäutige Männer, die den Touristen irgendwelchen Nippes andrehen möchten. Auf der linken Seite ist der Bierkönig und rechts ist auch eine Art überdimensionale Bierkneipe. Ich merke schnell, hier muss man ein paar Promille haben, damit man einerseits nicht auffällt und es einem andererseits erträglich erscheint. Ich habe keine Promille. Der Typ, der in diesem Moment mit seinem Hot Dog mein T-Shirt besudelt allerdings schon. Es macht keinen Sinn ihn darauf hinzuweisen, dass mein Shirt keine Verzierung gebraucht hätte, der Gute ist einfach zu voll für Dialoge. So wie seine Kumpels und die paar versprengten Gästegruppen (m.w.d), die hier schon anwesend sind und zur überlauten Ballermannmusikorgie ein paar schiefe Töne trällern und sich offen zeigen für geschlechterübergreifende Kontaktaufnahme.

Wir sind noch sehr früh dran. Das zumindest erklärt der Hase angesichts der relativ sparsamen Belegung der Lokalität. Später würde hier der Bär toben und manchmal träten auch die ganzen bekannten Mallorca Schlager Schund Künstler auf. Es wird ziemlich schnell klar, dass dies hier nicht die Gegend ist, in der man mit der ganzen Familie aufschlägt. Es sei denn die ganze Familie möchte sich einen auf den Docht kippen. Aber irgendwie finde ich es gut, auch mal hier gewesen zu sein. Ich wollte es eigentlich auch schon immer mal gesehen haben. Und auch hier ist es einerseits so, wie ich es erwartet habe, aber doch anders als gedacht. Wie es die ganze Insel eigentlich ist.

Wir gehen weiter bis zum Strand, der eigentlich recht schön ist und sehen uns noch den Megapark von außen an. Da sich an dem Status „Ich darf kein Bier trinken, weil ich fahre“ noch nichts geändert hat, verzichten wir auf einen Besuch dieses Etablissements. wir gehen zurück zum Auto und mein Bein funktioniert wieder einwandfrei. Es geht auf den Abend zu und wir haben Hunger und da wir nicht mehr rechtzeitig beim Hotel eintreffen, suchen wir uns eine Alternative. Diesmal würden wir gerne mal eine Pizza essen. An der Strandpromenade gibt es zwar einige Restaurants, die Pizza auf der Speisekarte haben. Aber in dieser Gegend seinen die Dinger Blattgold als Belag zu haben und sind einfach nur sündhaft teuer. Wir beschließen auf der Rückfahrt irgendwo anzuhalten, wo ein Normalverdiener keine Bank ausrauben muss, um mal eine italienische Teigware zu verspeisen. Ich fahre und meine Restfamilie googelt nach geeigneten Pizzerien.

Was zur Folge hat, dass wir einigermaßen planlos durch die Gegend fahren. Mal sind wir noch in Palma, mal sind wir davon entfernt. Dann wieder mal in Palma und so weiter. Das ist die eine Problematik. Die andere ist, dass mir bisher noch nicht so richtig bewusst geworden ist, wie viele Kreisel es hier auf Mallorca gibt. An jeder Ecke und in jedem verschlafenen Nest und auch sonst überall gibt es Kreisel. ein Tag mit dem Auto auf der Insel ist wie ein Tag Kettenkarussell fahren. Und die Navigationsapps meiner drei Mitfahrer sagen mir immer zu leicht unterschiedlichen Zeitpunkten, ob ein Kreisel zu erwarten ist, ob er schon direkt vor uns liegt, ob ich ihn verpasst hab und welche Ausfahrt wir nehmen sollen. Dazu noch das leichte Gemurmel meiner Fahrgemeinschaft. Und dann hat so ein Kreisel auch mal gerne fünf oder sieben Ausfahrten und nicht selten verzählen wir uns und fahren in die falsche Richtung. Wir werden nie irgendwo ankommen und nie eine Pizza essen. Wir werden so lange fahren, bis entweder das Auto oder wir den Geist aufgeben.

Doch da, eine verlässliche Meldung, dass eine Pizzeria in unmittelbarer Nähe ist. Heureka! Lässig lenke ich den Wagen durch die Straßen eines Wohngebietes, das nicht den Anschein erweckt, dass hier irgendeine Art von Lokal sein könnte. Es ist aber doch wirklich eines da, und zwar die Pizzeria, die von Außen jetzt keinen so üblen Eindruck macht, aber heute geschlossen hat. Hrrgh! Wir fahren weiter und ich lenke kurvig durch Kreisel, die eigentlich Kreuzungen sind, ich bin es halt so gewohnt. Man zeigt mir häufiger den Vogel, oder aber es ist eine heimische Begrüßungsform. Ich erwidere und suche schnell das Weite. Man weiß ja nie.

Wir finden schlussendlich die richtige Richtung nach Can Picafort. Dort werden wir mit Bestimmtheit irgendeinen Schuppen finden, in dem man uns bewirtet. Unser Sohn übernimmt das Navigieren und es lässt sich gut an. Wir fahren auf der Autobahn über die Insel. Allerdings fahren wir nach einer Weile ab und Can Picafort ist noch weit weg. Wir denken uns nichts dabei. Auch nicht als die Straßen immer kleiner werden und die Gegend unbewohnt erscheint. Hier ist nicht einmal ein Hund da, den man begraben könnte. Vereinzelt taucht mal so eine Art Haus auf und wirkt ebenso verlassen, wie alles hier. Die Straßen sind schmal und der Seitenraum ungefähr knapp einen halben Meter tiefer als der Straßenbelag. Wer hier vom Weg abkommt zerschrotet mit Sicherheit sein Auto. „Sicher, dass wir hier richtig sind?“, frage ich meinen Sohn. Er sagt ja und amüsiert sich prächtig, weil sein Vater ein bisschen verzweifelt.

In dem Nichts, durch das wir fahren gibt es eine Brücke über etwas, was in Regenzeiten vielleicht mal ein Fluss sein wird. Die Brücke ist schmal und unübersichtlich. Aber da wir eh von der Außenwelt abgeschnitten sind, fahre ich einfach mal drauf los. Bis mir ein Auto entgegen kommt. Zwei Wagen passen hier auf keinen Fall rauf und da ich noch nicht so weit bin, wie mein Gegenüber, fahre ich rückwärts. Das macht den Hasen nervös, denn wir müssen eine scharfe und unübersichtliche Kurve rückwärts durchfahren. Und da der Hase nicht selbst fährt (und es aber auch nicht wollen würde) und die Kontrolle nicht hat, schwindet ihr ohnehin schon geringes Vertrauen in meine Fahrkünste.

Der Gegenverkehrsfahrer bedankt sich dafür, dass ich ihn durchgelassen habe und fährt von Dannen. Ich nehme erneut Anlauf. Da kommt schon wieder ein Auto entgegen. Das gleiche Spiel nochmal. Und dann nochmal und nochmal. Wahrscheinlich machen die das mit Absicht. Die ganze Zeit sieht man nicht ein fremdes Fahrzeug und dann ist urplötzlich Rushhour an dieser Brücke. Sie haben sich vorher zusammengerottet und nur auf irgendeinen Idioten gewartet, der hier langfährt. Wahrscheinlich lachen die sich tot über mich. Der Spanier kann also auch mal ein Arschloch sein. Das bleibt nicht nur den Deutschen vorbehalten.

Natürlich ist auch dieses Intermezzo irgendwann mal vorbei und wir finden auch eine Pizzeria, 150m vom Hotel entfernt. Die Pizza ist recht gut und die Getränke gibt es auch wieder aus der Dose. Wir sind kaputt und doch sehr zufrieden mit diesem Tag. Obwohl ich persönlich sagen muss, dass mir Rhodos doch ein bisschen besser gefallen hat, als wir dort über die Insel fuhren. Man merkt schon, ich fange an zu mäkeln. Kaum ist man zweimal im Urlaub, wird man schon wählerisch. Aber es bleibt uns noch ein Tag im Auto und eine andere Seite der Insel, die wir noch nicht erkundet haben. Wir sind gespannt und schlafen erstmal. Ich träume von Kreiseln und Stimmen die mir sagen: „Beim nächsten Kreisel die dritte Ausfahrt nehmen.“ Ich falle aus dem Bett. Hätte ich man nur die zweite Ausfahrt genommen.