Geburtstage sind beim Hasen und mir eine entspannte Sache. Wir schenken uns nichts. Eine Regelung, über die wir nach unseren Aussagen auch sehr dankbar sind. Denn eines der größten Probleme in einer langjährigen Beziehung ist es, für den geliebten Partner in jedem Jahr wieder ein Geschenk zu finden, das eine Vielzahl von Bedingungen erfüllt. Es muss beispielsweise angemessen im Wert sein. Ist es zu teuer, erzeugt es Argwohn und die geliebte Partnerin könnte ein schlechtes Gewissen des ebenso geliebten Partners vermuten. Und schon hat man Misstrauen gesät, wo man doch eigentlich nur Gutes tun wollte. Die Stimmung ist im Keller und es schwebt die Frage im Raum, wer denn die Andere sein könne, mit der man seine Gattin betrügt. Man kennt sowas aus vielen Filmen. „Wer ist das Flittchen?“, fragt dann die potentiell Betrogene und er, der das teure Geschenk aus einem reinen Gefühl der Liebe und Zuneigung gemacht hat, sagt:“ Schatz….“ Weiter kommt er nicht. „Nenn mich nicht Schatz!“ Es kommt zum Streit, man sagt sich all die hässlichen Dinge, die man sich schon lange sagen wollte. Sie sagt: „Ich geh zu meiner Mutter!“ Er geht in die Kneipe, kippt sich fürchterlich einen auf den Docht und sucht sich ein Flittchen, dem er dann dieses unglaublich teure Schmuckstück mit diesem Edelstein schenken wird.
Es wird allerdings auch nicht einfacher, wenn man beim Schenken zu knauserig ist. „Mehr bin ich Dir nach all den Jahren nicht wert?“, lautet hier die stumme Frage, die mit einem Monolog darüber fortgeführt wird, was sie alles in den vielen Jahren geopfert habe, um seine Kinder großzuziehen und dass ihre Mutter sie gewarnt habe. Von Anfang an! Woraufhin die limitiert Beschenkte ihren geizigen Schenker als Mann mit Igel in der Tasche bezeichnet und sagt: “ Ich geh zu meiner Mutter!“ Während er in die Kneipe geht, sich das nächstbester Flittchen sucht und dem dann ein teures Schmuckstück schenkt. Er weiß ja, wie es ausgehen kann, wenn es an der Großzügigkeit hapert.
Eine weitere wichtige Bedingung für ein Geschenk unter sich liebenden Partnern ist, dass es zum Ausdruck bringen soll, wie gut man seine bessere Hälfte kennt. Und es ist somit auch ein Gradmesser dafür, wie verliebt man nach all den Jahren noch ist. Auch hier gibt es ein paar grundsätzliche Dinge, an die man sich halten sollte. Das Geschenk muss nicht zwingend etwas sein, dass der Partner / die Partnerin unbedingt braucht. Es muss nur gefallen. Ein Staubsauger, und sei er noch so gut, oder vielleicht auch der Beste seiner Art, eignet sich nur bedingt dazu, eine romantische Stimmung hervorzurufen, Während sich ein Mann auch eher selten über Krawatten und Manschettenknöpfe zu freuen vermag. Vor allem, wenn er aus Prinzip keine Hemden und Anzüge trägt und über die spezielle Funktionsweise von Manschettenknöpfen ebensoviel weiß, wie über die Wirecard Affäre oder darüber, was denn so falsch daran ist, seiner Auserwählten diesen schweineteuren Staubsauger zu schenken, der außerdem auch der Beste seiner Art ist. Für ihn ist es ein Ausdruck der Liebe, weil es ihren Alltag erleichtern soll und so ein besonders gut gesaugter Boden wird sie mit Sicherheit auch immer wieder erfreuen. Er versteht die Welt nicht mehr. Sie geht zu ihrer Mutter und er wird Staubsaugervertreter.
All diese Klippen umschiffen der Hase und ich geschickt, weil wir uns vor längerer Zeit entschlossen haben, dass wir uns nichts schenken werden. Weder zu Weihnachten, noch an Geburtstagen. Anfangs waren wir da noch anders, aber als es sich abzeichnete, dass wir einander höchstwahrscheinlich für längere Zeit erhalten bleiben würden (unsere Eheschließung und die Gründung einer Familie waren dabei sachdienliche Indikatoren), erwischte uns eine grundlegende Erkenntnis. Es wird von Mal zu Mal schwerer, ein geeignetes Geschenk zu finden. Daher der Entschluss, der von uns beiden gleichermaßen getragen wird, den wir auch beide wirklich gut finden und von dem es keine Abweichung gibt. Naja, wenn, dann nur selten und nicht in jedem Jahr. Die Ausnahmen von dieser unumstößlichen Regel sind: Besondere Geburtstage, oder die Tatsache, dass man einfach mal weiß, was man schenken möchte. Ein toller Gedanke den man hat und der sich auch noch zufällig gut umsetzen lässt. Was im Falle eines überraschenden Geburtstagsgeschenks, dem überrascht Beschenktem zumindest ein gewisses Zeitfenster lässt, um beim Geburtstag des Anderen Rache zu üben und einfach mal etwas zurück zu schenken und mit den Worten: Das hast Du nun davon!“, zu überreichen. Schwieriger ist die Sachlage an Weihnachten. Da hatte es mich am vorletzten Fest der Feste eiskalt erwischt.
Gemäß unserer stummen Absprache hatte ich überhaupt kein Geschenk für den Hasen. Der Hase hatte im Gegenzug aber auch nichts für mich, wie der Hase mir im Vorfeld versichert hatte. Ein Nichts das aus sieben aufwändig verpackten Geschenken bestand. Darin waren sieben tolle Dinge, die alle nötigen Anforderungen erfüllten. Nicht zu teuer, aber auch kein Ramsch. Lustige Ideen, die dahinter standen. Einfach sieben Sachen, über die ich mich freute und die zeigten, dass der Hase mich gut kennt. Obwohl ich Manschettenknöpfe und Krawatten vermisst habe. Und so stand ich da, mit heruntergelassener Hose. Dies aber nur im übertragenen Sinn. Nicht dass irgendwer auf die Idee kommt, ich hätte den Exhibitionisten in mir entdeckt. Der Hase freute sich darüber, dass ich mich jedesmal freute, wenn ich eines der Geschenke auspackte und versicherte mir mehr als glaubhaft, dass sie es überhaupt nicht schlimm fand, wenn ich nun gar nichts für sie hätte. Ich hingegen fand es sehr schlimm. Es gab im Nachgang noch zähe Verhandlungen, deren Ergebnis war, dass sich fortan an die Regeln gehhalten würde, gegen die ich in der Vergangenheit auch schon verstoßen hatte. Die besonderen Geburtstage waren allerdings nicht Bestandteil dieser Verhandlungen.
Und einer dieser besonderen Geburtstage stand neulich für den Hasen an und schon Monate davor suchte ich nach einer geeigneten Idee. Und was soll ich sagen, ich hatte auch eine und ich war deswegen auch sehr stolz auf mich. Zumindest solange, bis ich die Idee wieder vergessen hatte, schließlich waren es ja noch Monate hin, bis zum Geburtstag. Aber es geht ja nichts verloren auf der Welt. Es ist einfach nur irgendwo anders. Und so fand sich in einem ansonsten unbewohntem Gebiet in meinem Hirn, von denen es so einige gibt, der gute Gedanke wieder und ich dachte ihn noch einmal und befand ihn immer noch für gut und war erleichtert. Denn jetzt konnte der Geburtstag kommen, ich war vorbereitet. Soweit wie ich in diesem Stadium vorbereitet sein konnte. Was sollte nun noch passieren können.
Nun, das erste was sich ein paar Tage vor dem besonderen Tag abzeichnete war die Tatsache, dass die Corona Maßnahmen verschärft würden. Damit verbunden war, dass viele Geschäfte geschlossen hatten. Wie zum Beispiel auch Blumenläden. Was ziemlich fatal war. Denn auch wenn ich oftmals nichts geschenkt hatte, Blumen gabs für meinen Hasen immer zum Geburtstag. Ohne Ausnahme. Da war ich eisern. Auch wenn ich ansonsten eigentlich nie auf die Idee gekommen bin, meiner Holden ein paar bunte Blümchen zu schenken. Das werde ich jetzt auch nicht mehr anfangen, denn dann sieht es nach schlechtem Gewissen aus und ich müsste erklären, mit welchem Flittchen ich ein Techtelmechtel hätte. Was schwierig wäre, weil mir irgendwelche Techtelmechtel einfach zu stressig wären und ich auch keine Flittchen kenne. Ehrenwort.
Und da der Hase mitten im Winter Geburtstag hat, war die dezentraler Materialbeschaffung auf diesem Sektor nicht immer einfach. Sehr schnell lernte ich, dass ein schöner Blumenstrauß einiges von seiner Schönheit einbüßt, wenn er dem Frost ausgesetzt wird. Und weil ich nur begrenzt blöde bin, habe ich das lieber erfragt, bevor ich es ausprobieren würde. Insgesamt ergab sich daraus aber die Problematik, dass ich die Blumen an einem Ort verstecken musste, der einerseits frostsicher war und andererseits vom Hasen unbemerkt bleiben sollte. Was nicht einfach war, weil der Hase (mein Spitzname für den Spitznamen lautet auch „Stasi Hasi“) immer und überall über alles Bescheid wusste, Nichts blieb ihr verborgen. Sie wusste alles, was hier stattfand und wäre wegen ihrer Neugier und der umfangreichen Ermittlungsmethoden ein 1A Mitarbeiter bei der Stasi gewesen (daher der Spitzname für den Spitznamen) Die CIA und der KGB waren Stümper im Vergleich zum Hasen. Und versucht mal irgendwas vor dem Hasengeheimdiesnt geheim zu halten. Das funktioniert nicht. Irgendwann kriegt sie es raus.
Natürlich wusste der Hase immer, dass es Blumen geben würde und natürlich war mir klar, dass der Hase es wusste, aber trotzdem machte ich jedesmal eine große Geheimniskrämerei davon. Und ich kann mit einigem Stolz verkünden, dass ich es bisher eigentlich immer geschafft habe, dass sie die Blumen nicht vor dem Geburtstag entdecken könnte. Aber das war in diesem Jahr meine geringste Sorge. Für mich war entscheidend, dass die Blumenläden dicht hatten. Also konnte ich da keine kaufen und aus Nachbars Garten welche klauen ging auch nicht. Es wächst nicht sehr viel im Winter. Aus Papier welche basteln schied auch sofort aus. Ich konnte noch nie irgendwas aus Papier basteln, das nach irgendwas Bestimmten ausgesehen hat. Die meisten Sachen waren eher etwas gruselig. Meine Grundschullehrerinnen fanden es wahrscheinlich psychologisch bedenklich, was ich da so formte und es sollte mich nicht wundern, wenn es deswegen Elterngespräche gegeben hatte. Die Lehrerinnen könnten Bücher darüber schreiben, sofern sie noch leben.
Was also sollte ich tun? Die Lösung offenbarte sich mir dann glücklicherweise recht schnell. Denn der Hase, der eigentlich nie Blumen geschenkt bekommt, holt sich häufiger mal ein paar Blümchen beim Discounter. Tulpen sind es im Normalfall und somit eine der wenigen Blumenarten, die ich auf den ersten Blick erkenne. Weitere Exemplare sind Rosen, Nelken, Kornblumen und die Blume auf dem frisch gezapften Bier. Wobei letztere mir am geläufigsten ist, seltsamerweise. Doch zurück zu den Tulpen. Kurz vor dem Geburtstag hatte sich der Hase wieder mit Tulpen versorgt und mir unmissverständlich klar gemacht, dass sie die Dinger voll toll findet. So durch die Blume gesprochen (in des Wortes Sinne) ließ sie durchblicken, dass sie wüsste, dass die Blumenläden dicht hätten und dass sie sich über solche Tulpen auch sehr freuen würde. Ich hatte den Auftrag schon klar erkannt, als mich die zusätzliche Information erreichte, in welchen Farben die Tulpen für die größte Freude sorgen würden. Und nein, sie hat kein Bestellformular ausgefüllt.
Also war es ab jetzt ziemlich einfach für mich. Das Geschenk konnte ich trotz der Corona Beschränkungen organisieren und Blumen konnte ich auch holen. Ich wusste wo und ich wusste welche Blumen in welcher Farbe. Ach, kann nicht alles im Leben so einfach sein? Nein, kann es nicht. Das Leben möchte nicht, dass alles so einfach ist. Es gab Probleme, weil ich nicht wusste, wie ich das Geschenk verpacken sollte. Verpacken kann ich noch weniger als basteln. Meine ersten Gedanken dazu machte ich mir ungefähr sechs Wochen vor Termin und ich habe es dann genau sechs Wochen schleifen lassen. Deshalb war es mal wieder auf den letzten Drücker. Den Kindern ging es allerdings nicht besser. Sie wollten auch schenken und hatten ebensowenig eine Idee für eine kreative Verpackung. Allerdings waren sie trotzdem vor mir fertig und es sah alles sehr schön verpackt aus. Was in der Hauptsache daran lag, dass unsere Tochter es verpackte, obwohl sie nach eigenen Aussagen so gar kein Talent für sowas hätte. Aber was weiß sie denn schon von einer talentfreien Zone? Ich war und bin dabei eine ganz andere Hausnummer und es bricht mir der Schweiß aus, wenn ich nur daran denke, etwas verpacken zu müssen. Unser Sohn hatte hingegen die Aufgabe, einen Gutschein zu gestalten und dazu ein paar nette Zeilen zu schreiben.
„Ich war mega kreativ“, sagte er stolz, „sie wird weinen wie ein Schlosshund.“ Ich befürchte, er wird Recht behalten. Genaugenommen war mein Geschenk auch auf ähnlicher Basis. Es war ein Gutschein, wenn man so will, oder vielmehr ein Versprechen. Ein Versprechen für eine Reise in eine Stadt, in die mein Hase schon immer und in die ich eigentlich nie wollte. Also war es etwas, wo sie nicht mit rechnen konnte und ich war auch stolz auf mich, dass mir damit eine große Überraschung gelingen würde. Aber auch so etwas wollte ansprechend verpackt werden. Da waren sie wieder, meine Probleme. Die Idee, das ganze auf drei Lose zu verteilen, von denen zwei Nieten waren, fand ich noch einigermaßen kreativ. Jedes Los war ein DIN A 4 Blatt und das Dritte war ein Brief, in dem das Versprechen nebst einiger sehr netter Zeilen beinhaltet war. „Ich war auch mega kreativ“, sagte ich, war mir aber nicht sicher, ob der Grad des Schlosshundes ähnlich sein würde.
Doch an erster Stelle stand nun das Verpacken und ich hatte es so lange herausgezögert, dass ich nun keine Zeit mehr hatte. Der Hase saß unten und guckte irgendeine Sendung, die wir anderen nicht sehen wollten. Weswegen es zunächst nicht auffiel, dass wir drei oben waren. Meine Idee war, dass ich die Lose aufrollen würde und mit Geschenkpapier als eine Art Bonbon einpacken würde. Gute Idee, schwierige Umsetzung, weil ich am Vortag eine Menge Holz gehackt hatte und deswegen nichts ruhig in der Hand halten konnte, was in Form, Gewicht und Beschaffenheit nicht annähernd einem Holzklotz ähnelte. Und so saß ich im Zimmer meiner Tochter und ließ meine verzweifelten Bemühungen vom Gelächter meiner Kinder begleiten. Die Papierrollen zu verpacken fühlte sich an, als würde ich mit einem Vorschlaghammer Tischtennis spielen. Falls jemand mal den Muppets Film gesehen hat, in dem das Tier statt Schlagzeug die Triangel spielen musste, so kann er sich vorstellen, wie es in und mit mir aussah. Ich war kurz vorm Platzen. „Ick schaff datt nicht! Ick bünn kurz vorm Platzen!“, sagte ich wahrheitsgemäß, während sich die Tochter die Lachtränen aus den Augen wischte.
Das erste Bonbonpräsent war in etwa das, was man fertig nennen konnte. Uff! „Da muss noch Kringelband an die Enden“, fachsimpelte die spottende Tochter und der Sohn lachte mit. „Du!“, sagte ich mit einem leicht psychopatischem Unterton und zeigte auf meinen Sohn, “ Du wirst mir helfen und die Knoten machen!“ Da hatte es sich aber schnell ausgelacht. „Und Du!“, sagte ich und zeigte auf die andere Spottdrossel, „Du wirst machen, dass das Band sich kringelt!“ Das hatte gesessen. Aber mal ehrlich, meine Feinmototrick war im Arsch und ich war nicht mal in der Lage den Anfang des Bandes auf der Rolle zu finden und loszuknibbeln. An Knoten und Gekringel war nicht im Entferntesten zu denken. Also optimierte ich die Arbeitsabläufe und es ging gut voran, während meine Mannschaft hinter meinem Rücken tuschelte. „Meinst Du es geht ihm gut?“ „Nein, ich glaube es geht ihm gar nicht gut!“ Ich rollte, klebte und grunzte derweil ununterbrochen. Ich glaube das Grunzen machte ihnen Sorgen. Dann war es soweit. Alles war fertig.
Alles, bis auf die Blumen. Diese hatte ich kurzfristig besorgt und mich dabei genau an die versteckten vorgaben vom Hasen gehalten. Es waren Tulpen in zwei Farben. Eine Sorte in einer Art lila, die andere Sorte eher rosa. Die genauen Bezeichnungen kannte ich nicht und sie sind für den Fortgang der Geschichte nicht weiter von Belang. Wichtig ist nur, dass ich es mir auf die Fahnen geschrieben hatte, beide Farben zu mehreren kleinen Sträußen zu mischen. So schwer konnte das ja nicht sein. Um die Blumen vor den Blicken des Hasen zu bewahren, hatte ich sie im Kleiderschrank von der Tochter gebunkert. Natürlich musste der Stasi Hasi ausgerechnet an diesem Tag auch zufällig einen Blick in diesen Schrank werfen. Ich sag ja, es entgeht ihr nichts. Allerdings hatte sie die Blumen irgendwie übersehen, wie sie später glaubhaft versicherte. Das hätte mir zu denken geben müssen.
Jedenfalls holte ich dien Blumen eine halbe Stunde vor Mitternacht aus ihrem Verlies und versuchte daraus Sträuße zu stecken, oder wie man auch immer das nennen sollte, was ich da gerade tat. Ich mein, ich gehe ja jedes Jahr zum Blumenladen, sage dass ich einen Blumenstrauß haben möchte, welche Farben mir (oder besser dem Hasen) vorschweben und wie viel Geld ich dafür bereit wäre zu zahlen. Mit diesen Informationen gehen die netten Blumendamen dann los, zupfen ein paar Blümchen aus ihrem Vorrat (Blumen deren Namen ich nie kenne), fragen mich, ob da auch Azalanten, oder Chrymisteen oder weiß der Schinder was noch mit reindürften und begeben sich an den Blumenbindertresen. Dort werden die Blumen zusammen mit einigen Kräutern, die man sonst höchstwahrscheinlich in Holland auch rauchen könnte, zusammen gepackt. Alles in einer Reihenfolge, die am Ende total logisch aussieht. Und schwupp nach fünf Minuten ist so ein kleines Kunstwerk fertig. Für mich sind Floristinnen die wahren Heldinnen des Alltags und wenn es nach mir ginge, wären sie auch systemrelevant und könnten weiter arbeiten. Und dann hätte ich nicht das Problem dass ich hier gerade hatte.
Ich mischte die Blumen zu einem ersten Strauß und er sah, ja hmmh, ich sag mal, er sah echt scheiße aus. Da gab es keine zwei Meinungen. Ich schwitzte und grunzte schon wieder und die Kinder trauten sich nicht zu lachen. Wenn der Hase sich diese Tulpen holte, mischte sie sie auch einfach zusammen, steckte sie in eine Vase und es sah immer gut aus. Es gibt Menschen, die machen aus Scheiße Gold. Ich war in der Lage es genau anders herum hinzukriegen. Die Dinger hingen mächtig durch und zwar in jede nur erdenkliche Richtung. Ich hatte eine neue Blumensorte kreiert: die Trauertulpe.
Weitere Floristikversuche meinerseits scheiterten kläglich und nur mit Hilfe der Kinder und einem Bindfaden, ließen sich drei Gebilde formen, die im Entferntesten ein bisschen nach Blumenstrauß aussahen. Und so gingen wir zum Hasen, denn es war Mitternacht. Zeit für ein Geburtstagsständchen, dass ich erstaunlich laut und text- und melodiesicher mitsang. Ich würde mal sagen, so kraftvoll habe ich noch nie gesungen. Eine Kraft, die meinen Tulpen absolut abging. Und so überreichten wir dem Hasen nach unserem Gesang die wahrscheinlich trostlosesten drei Tulpensträuße, die je das Licht der Welt erblickt hatten. An dieser Stelle hatte der Hase Lachtränen in den Augen und sie sagte, dass sie die Blumen phantastisch fände und ich war gewillt ihr zu glauben. Sie nahm die armen Gewächse, stellte sie in Vasen, zuppelte ein bisschen dran rum und schon sahen sie viel besser aus. Und ich speicherte in meinem Gedächtnis, dass ich besser Holz hacken kann, als Blumen binden.
Dann kam die Bescherung. Wir einigten uns darauf, dass sie zuerst die Sachen der Kinder aufmachen sollte. Schöne Geschenke, die ebenso praktisch wie witzig waren. Der Hase freute sich außerordentlich. Doch dann kam die ominöse Karte, die auch ein Gutschein war. Und uns war klar, dass es gleich um den Hasen geschehen sein würde. Mit leicht zittrigen Fingern öffnete sie den Umschlag, faltete die Karte auseinander und begann zu lesen: „Liebe Mama“, stand da. Und noch bevor das erste Wort zu Ende gelesen war, ging es los. Der Hase war bis in die Haarspitzen gerührt und heulte sofort wie ein Schlosshund. Sie begann nochmal von vorn. Das gleiche Spiel. Erst im dritten Anlauf war sie in der Lage, auch weiter zu lesen. Und ich behaupte mal, wenn nun die Gebrauchsanweisung für einen technischen Apparat gefolgt wäre, sie hätte stumpf weiter geweint, solange es die Kinder geschrieben hätten. Aber natürlich stand nichts dergleichen in der Karte. Es waren vielmehr warme, lobende und dankende Worte von Kindern an ihre Mutter. Und das war dann fast zu viel. Der Hase konnte kaum noch lesen ohne zu schluchzen und als dann noch etwas wie „…..so eine Mama kann man sich nur wünschen“ drin stand, hatte ich Befürchtungen, dass sie im nächsten Augenblick umfallen würde und ich sie mit einer Mund- zu Hasenbeatmung retten müsste.
Es ging gerade noch gut, aber der Hase war vollkommen fertig und ich konnte mir nicht vorstellen, womit ich sie nun zumindest ebenso glücklich machen könnte. Ich hatte einen schweren Stand, denn nie und nimmer kann man gegen die eigenen Kinder anstinken. Das war mir klar, genauso wir mir klar war, dass Schenken kein Wettbewerb ist. Aber ich wollte zumindest auch ein bisschen zum Gesamtglück des Augenblicks beim Hasen beitragen. Und was soll ich sagen, es ist geglückt. Die Überraschung war mir gelungen und der Hase sagte, dass sie so was von wunschlos glücklich sei. So glücklich, dass sich sogar die traurigsten Tulpen der westlichen Hemisphäre wieder ein Stück weit aufrichteten. Und das war dann das Happy End für alle. Die Kinder waren froh, dass sie ihre Mutter wieder zum Heulen gebracht hatten, der Hase war froh, dass sie so schön und überraschend beschenkt wurde, die Tulpen waren froh, aus ihrer Gefangenschaft befreit worden zu sein und ich war froh, dass alles im Endeffekt dann doch geklappt hatte. Und ich werde ein Geschenkband erfinden, dass sich selbst zusammenknotet und aufkringelt. Damit werde ich Millionen von ungeschickten Männern einen Stein vom Herzen nehmen und man wird mein Kringelband kaufen wie Nudeln und Klopapier in Pandemiezeiten und ich werde reich sein, nie wieder arbeiten müssen und dem Hasen ein sündhaft teures Geschenk machen können. Aber das sollte ich vielleicht dann doch lieber sein lassen. Es könnte nach schlechtem Gewissen aussehen und wo das hinführt, wissen wir ja.