In meiner Tätigkeit für die lokale Presse, hatte ich für einen begrenzten Zeitraum mal die Gelegenheit auch etwas freiere Texte zu verfassen. Natürlich auch hier mir unterschiedlicher Qualität. Einen hatte ich, der jetzt in diese Zeit vor Weihnachten sehr gut passt. Und weil ich die Vermutung habe, dass er damals nur von einem kleinen Kreis an Leuten gelesen wurde, wollte ich nun allen die Chance geben, das Versäumte nachzuholen, oder sich eventuell wieder daran zu erinnern. Für meine Verhältnisse ist es ein etwas kürzerer Text und ich hoffe, er hilft beim Einschlafen oder ist auf irgendeine Art zu irgendetwas tauglich. In diesem Sinne, wünsche ich eine frohe Adventszeit.
PS.: Der Text ist schon ein paar Jahre älter, aber das mit den Plätzchen ist immer noch so.
Frohes Fest…..eine Chronologie
1. Advent: Muss auf dem Dachboden nach einem Tannenzapfentürkranz suchen. Nicht leicht auf unserm Dachboden, denn hier türmen sich Hinterlassenschaften der letzten 15 Jahre zu einem großen Chaos. Die Stecknadel im Heuhaufen lässt sich besser finden. Entdecke hinter ein paar großen Kartons einen bleichen Mann mit langem Bart. Oh, Knecht Ruprecht, denke ich, alter Gesell. Er meint, er sei der Schornsteinfeger und er habe sich verlaufen. Ach da ist der geblieben, hatte mich schon ein wenig gewundert, wo der die ganze Zeit gesteckt hat. Er sei einmal falsch abgebogen und habe nicht mehr herausgefunden, sagt er unter Tränen. Ich entlasse ihn in die Freiheit, den Türkranz habe ich aber nicht gefunden. Müssen nun spontan zu zwei Weihnachtsmärkten. Türkränze kaufen und Glühwein trinken.
2. Advent: Beginne mit dem Verspeisen der Hundertschaften von Weihnachtsplätzchen, die die Restfamilie mit Liebe gebacken hat. Es ist egal, wie alt die Kinder sind oder werden, es bleibt immer in mir haften, dass Rolf Zukowski mit seinen Freunden „In der Weihnachtsbäckerei“ singt und dass die Augen der Kinder diesen magischen Glanz bekommen. Wie in jedem Jahr bin ich der einzige, der die Dinger isst. Bekomme zwar keine feuchten Augen, aber Verdauungsstörungen. Die anderen naschen ein paarmal davon und dann geraten die Gebäcke in Vergessenheit. Wie jedes Mal habe ich bis Ostern damit zu tun, die dann schon leicht mumifizierten Reste zu verspeisen. Nachmittags gehen wir auf einen Weihnachtsmarkt und besichtigen Weihnachtsdeko. Da ich vom Glühwein Sodbrennen bekomme, schwenke ich auf Eierpunsch um.
13. Dezember: Weihnachtsessen der Firma. Bin erfreut endlich etwas anderes als Plätzchen zu bekommen und kenne kein Halten am Buffet. Man muss mich beinahe mit roher Gewalt davon trennen.
14. Dezember: Weihnachtsessen mit dem Kegelclub. Aus Terminnot, weil alle ja irgendwelche Weihnachtsfeiern haben, treffen wir uns erstmalig in der Woche. Zufällig im gleichen Lokal, wie gestern. Als man mich dort erblickt, bricht beim Personal leichte Panik aus und das Buffet wird aufgestockt.
15. Dezember: Weihnachtsmarkt in Bremen mit Bekannten. All überall sehe ich goldene Lichtlein blitzen. Schon wieder. Und überall gibt es Weihnachtsdeko. Schon wieder. Vom vielen Eierpunsch steigt mein Cholesterinspiegel; schwenke um auf Feuerzangenbowle. Schmeckt aber auch irgendwie wie Glühwein, bekomme wieder Sodbrennen.
3. Advent: Wage den Scherz, dass wir schon lange nicht auf einem Weihnachtsmarkt gewesen seien. Eine dreiviertel Stunde danach sitzen wir im Zug Richtung Hamburg. Da gibt es einen. Werde nie wieder Scherze über dieses Thema machen.
18. Dezember: Weihnachtsfeier vom Sportverein mit anschließendem Besuch eines Weihnachts-marktes. Gebe das Trinken auf und schwenke gänzlich auf Essen um.
19. Dezember: Weihnachtsfeier vom Kartenclub. Muss beim Essen den Hosenknopf geöffnet lassen, da sonst Atemnot droht. Vielleicht sollte ich doch lieber trinken. Das Lokal kommt mir bekannt vor und ich dem Lokal auch.
20. Dezember: Weihnachtsessen mit einer Gruppe, die mir gänzlich unbekannt ist. Am Ende des Abends erkenne ich, dass ich mich im Termin und im Lokal geirrt habe. Meine halbherzigen Entschuldigungen werden missbilligend zur Kenntnis genommen. Aber lecker war es doch.
23. Dezember: Mal eben noch einkaufen. Die letzten Reste und frisches Gemüse. Bin erschüttert, wie viele Menschen in ein Geschäft passen. Haben die alle kein Zuhause? Richte mich auf eine Übernachtung im Laden ein. Das Gemüse wird auf dem Weg zur Kasse welk.
24. Dezember: Die Großeltern unserer Kinder sind in diesem Jahr bei uns. Muss auf den Dachboden, um den Raclettegrill zu suchen. Finde keinen Grill, aber dafür zwei Türkränze, die im Moment wenig hilfreich sind. Leichte Panik macht sich breit. Leihe mir vom Nachbarn ein älteres Modell, welches er nicht benötigt. Das Teil zieht aber dermaßen viel Strom, dass die Straßenbeleuchtung dunkler wird, wenn wir es einschalten. Der weitere Ablauf ist traditionell. Es wird gegessen, als ob es kein morgen gäbe und zur Abwechslung trinke ich Wein. Bei der Gelegenheit erzeuge ich durch Flaschenumsturz einen Rotweinfleck auf der guten weißen Tischdecke. Wende Salz als altes Hausmittel an, erkenne dann, dass ich Zucker erwischt habe. Die Decke ist hin, die Stimmung gereizt…. Bescherung… Junior bekommt eine Spielekonsole, die er sofort in Betrieb nimmt. Er wird erst vier Tage später sein Zimmer wieder verlassen.
25. Dezember: Traditionell sind wir bei Schwiegereltern. Es wird gegessen, als ob es kein morgen gäbe. Ich mache keinen Rotweinfleck in die gute Tischdecke, weil es Weißwein gibt.
26. Dezember: Geburtstag vom Patenkind. Traditionell wird gegessen, als ob es kein gestern gegeben hätte. Das Atmen fällt mir zusehends schwerer. Auf dem Tisch ist eine Plastikdecke. Man hat mich anscheinend erwartet.
27. Dezember: Mein BMI sagt, dass ich fettleibig sei. Bei einer Routineuntersuchung wird festgestellt, dass ich die Blutwerte eines 93jährigen habe und zur Trunksucht neige.
31.Dezember: Feste Vorsätze für das neue Jahr: Gesünder leben und den Dachboden aufräumen.
28. April: Habe soeben das letzte Weihnachtsplätzchen verspeist. Hatte schon einen merkwürdigen Geschmack. Der Dachboden ist aufgeräumt. Habe zwei Raclettegrills und noch drei Türkränze gefunden. Werde diese auf dem nächsten Weihnachtsmarkt verscherbeln, kann es kaum noch erwarten.