Kennt jemand das Lied „Flying High Now“ ? So auf den ersten Blick wahrscheinlich nicht, aber wenn ich als Zusatzinformation den Film Rocky gebe, klingelt es vielleicht bei dem ein oder anderen. Genau es ist diese Musik, die ertönt, als Rocky sich im ersten Teil auf seinen Kampf gegen Apollo Creed vorbereitet. Da wo er morgens um vier aufsteht, ein rohes Ei trinkt, mit dem Laufen beginnt, nach einigen Trainingseinheiten immer schneller läuft, zwischendurch Rinderhälften im Schlachthaus verprügelt und dann am Ende diese riesig breite, imposante Treppe vor diesem historischen Gebäude hochrennt, dort oben ankommt und jubelnd seine Fäuste Richtung Himmel streckt. Yeah. Dazu ertönt dann diese Musik. Zuerst eine Fanfare und dann dieses Hauptthema…:“ Düdüdüüü, düdüdüüü, düdüdüüüü, düdüdüüü, düdüdüdüdüüüü düdüdüdüdüdüdüdüüü…… usw“ Irgendwann singt im Hintergrund ein Chor „Flying High Now“
Welches bessere Musikstück sollte es also geben, wenn ich mit meinen Laufeinheiten beginnen möchte. Das mit dem rohen Ei habe ich mich nicht getraut. Ich habe ein Gekochtes genommen. Und statt der Rinderhälften, auf die ich eindreschen würde, spielte ich mit dem Gedanken ein Reh zu vermöbeln. Das scheiterte nicht daran, dass es da wo ich laufe keine Rehe gibt, sondern mehr an deren Geschwindigkeit. Und wenn ich ehrlich bin, hätte ich auch ein totes Reh ohne Beine nicht einholen können. Doch genug davon. Ich machte also dieses Musikstück an; per Kopfhörer. Die Fanfare ertönt und ich schäle mich aus dem Auto. Teufel auch, selbst das fällt mir schon schwer. Dann laufe ich los. „Düdüdüü“, ein Schritt nach dem anderen. „Düdüdüüü“. Die Länge der Schritte muss ich sofort nach unten korrigieren. „Düdüdüü“, „Atmen“, denke ich, “ Du musst atmen“. „Düddüdüü“. Ich kann nicht mehr. Nach dreineinhalb „Düdüdüü“ geht es nicht mehr weiter. Meine Lunge brennt, meine Beine weigern sich mein Gewicht zu tragen und das Herz schlägt wild, wie ein Kompressor. Die Beine sind wie weich Spaghetti al dente und das gekochte Ei schlägt unruhig an meine Mageninnenwand.
Es ist schrecklich. nach 200 Metern möchte ich aufhören. Aber ich habe erstaunlicherweise den festen Willen nicht aufzugeben. Aus den 200 Metern werden 400 und dann 600. Dann muss ich das erste mal passen. Laufen geht nicht mehr. Ich muss einen Gang runterschalten. Also gehe ich ein Stückchen. Solange, bis sich meine Atmung ansatzweise normalisiert. Dann kommt der schwierigste Punkt an diesem Tag. Ich muss mich aufraffen und wieder laufen. Waren meine Laufschritte bisher schon kurz und schwerfällig, so sind sie nun noch wesentlich kürzer und schwerfälliger. Man muss schon ganz genau hinsehen, um erkennen zu können, dass ich laufe. Meine Strecke führt einen Feldweg entlang. Ich laufe diesen Weg so weit, wie ich es verantworten kann und mach dann kehrt und laufe zurück. Der Hinweg geht hauptsächlich bergauf und mit mir geht es dabei bergab. An diesem Tag beträgt meine Gesamtstrecke knapp zwei Kilometer und in etwa die Hälfte davon bin ich gelaufen. Ich erreiche mit letzter Kraft mein Auto.
Wo sind jetzt die Glückshormone, die beim Laufen ausgeschüttet werden sollen? Ich merk nichts. Eigentlich bin ich eher unglücklich und mir tut alles weh. Was für eine hirnrissige Idee. Ich zweifele sehr daran, dass ich noch ein weiteres Mal laufen werde. Für heute habe ich jedenfalls die Nase voll.
Bis dann……….