Weiche von mir Greta Thunberg, denke ich und bin einigermaßen fassungslos über das, was soeben passiert ist. Da sitzt Du friedlich an Deinem Grill, um für Dich und Deine Mitesser ein schmackhaftes Fleischmahl mit der prallen Hitze glühender Holzkohlebriketts zu bereiten, da kommt dieses ebenso verhuschte, wie auch leicht bekiffte Teenagermädchen vorbei, und erklärt Dir nebenbei, was Du gerade für einen miesen ökologischen Fußabdruck hinterlässt. Nein, natürlich ist es nicht die echte Greta Thunberg, aber ich glaube sie wäre es sehr gerne.
Der Ort ist Scheeßel. Genaugenommen eine Art Wiese in der Nähe von Scheeßel, die alljährlich im beginnenden Sommer in einen kunterbunten Campingplatz umgewandelt wird. Es ist Ende Juni. Sommeranfang. Der Kenner, oder natürlich gendergerecht, die Kennerin wird wissen, dass wir uns beim Hurricane Festival befinden. Festivalsamstag, um genauer zu sein und wir haben Hunger. Soweit so gut. Das Zelt steht, der Pavillon auch und das Wetter ist sogar hervorragend. Das Dosenbier ist gekühlt und die Kohlen glühen, wie gesagt. Mit Liebe und Hingabe wende ich die schmackhaft gewürzten Scheiben von auseinandergeflexten Puten und Schweinen, sowie ein paar Bratwürste, damit sie von allen Seiten gut gebräunt werden. Den Puten und Schweinen ist das in diesem Moment reichlich egal, denn sie haben bereits vor dem „In Scheiben Schneiden“ das Zeitliche gesegnet.
Und mal ehrlich, es gibt wenig, das leckerer ist, als ein frisch gegrilltes Stück Nackensteak. Vielleicht ein frisch gegrilltes Putensteak, oder so. Und es ist jetzt nicht so, dass ich der einzige bin, der hier grillt. Genaugenommen stehen millionenfach Einweggrills herum und es ist selten Blattspinat, was darauf erhitzt wird. Aber ausgerechnet ich muss hier gerade mit einem Teenagermädel aus dem Nachbarcamp diskutieren. „Was grillen Sie denn da?“, fragt mich die fanatische Umweltaktivistin. Hat die mich doch tatsächlich gesiezt. Bin ich doch schon so alt? Und was soll diese blöde Frage, was ich denn da grille. Hat die Tomaten auf den Augen? „Wonach sieht´s denn aus?“, frage ich und handele mir einen kleinen Monolog über meine derzeitige Klimabilanz ein. Ja, ich muss es einsehen, ich bin Fleischesser, Autofahrer, Luftwegatmer und von meinem CO2 Ausstoß durch altersbedingte Blähungen ganz zu schweigen, bin ich der Antichrist für das Klima und sehne mich für einen Moment wieder zurück in die 80er Jahre. Die Zeit, als ein heißer Sommer noch eine schöne Sache war, die Leute rauchten, wo immer sie wollten und ein gegrilltes Steak nichts anderes war, als ein gegrilltes Steak. Ach, es war eine freie und wilde Zeit.
Ich bin erstmal baff, dass ich soeben gesietzt wurde und daher für einen Moment sprachlos. Und ich bin sonst eher selten sprachlos. Ich hebe gerade an, um etwas geistreiches zu erwidern, da ist der militante Arm der Klimaretter auch schon wieder davongeschwebt. Ich bin mir nicht sicher, ob ihre Füße dabei den Boden berühren, so verstrahlt wirkt sie. Sie schwebt herüber zu ihren ebenso verstrahlten Freunden, die in direkter Nachbarschaft campieren und sich schon am ersten Tag bei uns beliebt gemacht haben. Ein ganzer Haufen von gerade an der Schwelle zum Erwachsensein stehender Teenager, die hier offensichtlich erste Erfahrungen bei einem Festival sammeln. Und zumindest da bin ich ihnen ein großes Stück voraus. Hier in Scheeßel bin ich zum ersten Mal im Jahr 2000 und seitdem ca. 15 Mal gewesen. Als ich das erste Mal hier war, sind die alle noch nicht einmal Teil einer geregelten Familienplanung gewesen und jetzt wollen die mir erzählen, was ich zu Grillen habe? Vielleicht sollten sie sich zwischenzeitlich auch mal überdenken, wo sie doch in ihrem Plastikmüll versinken, der überall bei ihnen rumliegt. Ich glaube kaum, dass das alles klimafreundlich ist. Doch zurück zu mir und den Festivals.
Mein eigentlich erstes Festival. Also das allererste, das ich je besucht habe ist noch wesentlich früher gewesen, als das Jahr 2000. Und nein, es war nicht Woodstock. Es war das Werner Rennen in Hartenholm 1988. 65.000 Leute wurden erwartet und 250.000 waren gekommen. Demenstsprechend abenteuerlich waren die Zustände, gerade was die Sanitären Einrichtungen und die Verpflegung angeht. Die Wurstbuden kamen derat an ihre Grenzen, dass überall Gulaschsuppe ausgeschenkt wurde. Ja, ich weiß, Gulaschsuppe ist nicht gerade der Rock´n Roll unter den Speisen, aber wenn man Hunger hat, ist das auch eher egal. Außerdem ernährte man sich zu 78% von Alkohol und Bier. Bier galt unter diesen Umständen auch eher als Nahrungsmittel. Die Zufuhr der Nährstoffe war also einigermaßen geregelt. Die Abfuhr der Verdauungsprodukte verlief nicht zwingend immer in derart geordneten Bahnen. Manch ein Vorgarten oder Maisfeld konnte ein trauriges Lied darüber singen. Und so hielt ich es im ersten Moment damals für Gulaschsuppe, was da warm an meinem Bein herunterlief, als ich eingekeilt in der Menge stand, um mir ein Konzert von Roger Chapman, oder war es BAP (so hießen die Topacts damals) auf der Bühne anzusehen. Auch diejenigen, die links und rechts neben mir standen, hatten zunächst eine ähnliche Hoffnung. Die sich allerdings in dem Moment zerschlug, als der erste bemerkte, dass es wohl ein Notfall gewesen sein musste, weswegen uns irgendein Arschloch an die Beine gepisst hatte. Keine Gulaschsuppe also. Was auch gut war, denn ich hatte Hunger und hätte sonst vielleicht auch in meine Hose gebissen. Das erübrigte sich an dieser Stelle dann eindrucksvoll. Ich war echt angepisst. Trauriger Tiefpunkt eines ansonsten gar nicht mal so schlechten Festivals und für lange Zeit das einzige seiner Art, dass ich besucht hatte,
Aber zurück ins Jahr 2019, zu Greta und ihren Freunden von der Klimapolizei und dazu, wie sich sich unbeliebt gemacht haben. Es ist so, dass wir einen sehr guten Zeltplatz erwischt haben und mit unserem Aufbau gerade fertig geworden sind. Und ich kann sagen, dass so ein Aufbau für einen Mann meines Alters eine recht ungemütliche und anstrengende Sache ist. Aber nun steht das Zelt und ich bin erschöpft und glücklich. Und auch meine Mitcamper sind ebenso erschöpft und glücklich. Jeder Festivalbesucher wird ihn kennen, diesen Moment, in dem alles fertig aufgebaut ist und man fortan nur noch Spaß haben kann. Und man sitzt in seinem Universalcampingklappstuhl, oder auf Fräulein Menke und denkt sich: „Verpiss Dich Alltag und lass mich in Ruhe bis Montag!“ Wer Fräulein Menke ist, enthülle ich noch später in diesem Text. Soviel vorweg, es ist nichts Unanständiges.
Jedenfalls sitzen wir zu sechst an unserem Klapptisch und genießen den Moment, als eine von Gretas Freundinnen zu uns kommt und sagt:“Entschuldigung, könntet Ihr vielleicht Euer eines Zelt ein paar Meter weiter in Eurer Richtung hinstellen?“ Sechs Augenpaare blicken dieses Wesen an und in allen ist folgendes zu lesen:“ Watt????“ und natürlich:“Nein!!!!“. „Öh, nö!“, antwortet jemand von uns. Vor allem, weil die Spacken ihr Zelt, oder ihre Zelte unbedingt da aufbauen wollen, wo eigentlich so gar kein Zelt mehr hinpasst. Und wenn wir unser Zelt verschieben täten, stünde es so ziemlich in unserem Pavillon, und zeitgleich halb auf unserem Klapptisch. Warum also, sollten wir dann unser Zelt umbauen? „Ja aber, dann passen unsere Zelte ja nicht mehr da hin“, jammert das Mädchen. „Das sollte man sich vorher überlegen, bevor man anfängt aufzubauen!“, sage ich in einem großväterlichen Ton.
Man muss auch bedenken, dass es erst Donnerstag ist und noch elendig viele Flächen frei sind, um dort tausende von Zelten aufzubauen. Natürlich ist unser Standort wesentlich geiler, als die meisten anderen, aber deswegen waren wir ja auch schon so früh hier. Enttäuscht macht sie sich von Dannen und beginnt zusammen mit einem halben Dutzend pickeliger Teenager den Aufbau eines Zeltes. Eine Aktion, die rund zweieinhalb Stunden dauert und das ist kein Witz. Und dann kommt noch ein Zelt und noch eins. Und später am Abend noch ein Weiteres, bevor zur Nacht noch eins dazu kommt und einen Pavillon wollen sie auch noch aufbauen….diese Narren. Irgendwann stehen dann fünf oder sechs Zelte da, wo eigentlich nur eineinhalb Zelte Platz gehabt hätten und es grenzt an ein Wunder, dass niemand einen Hering in der Luftmatratze stecken hat.
Zur anderen Seite von unserem „Camp“, wie man neudeutsch sagt, hat sich eine Dreiergruppe angesiedelt. Ohne räumliche Probleme, aber mit einem etwas freizügieren Lebensstil, wie uns scheint. Es sind zwei junge Damen, die mit einem ebenso jungen Herren sich ein Zelt teilen. Soweit so gewöhnlich. Es scheint aber fast so, dass sie hier die Grenzen gewöhnlicher Partnerschaften so leicht verschwimmen. Und so befinden sich seine Hände häufig in der Nähe von vermutlich erogenen Zonen beider Damen, während die eine ihm mit verbundenen Augen den Bauchnabel leer nuckelt.
Mormonen vermutlich. Ich glaub es sind Mormonen. Die haben doch mehr als eine Frau. Ach, herrlich, sowas sieht man auch wirklich nur hier. Wobei ich persönlich entschieden dagegen wäre, dass irgendwer hier auf dem Campinggelände an meinem Nabel nuckeln würde. Wahrscheinlich würde man dort auf eine „Flasche von die Bier, die so geprickelt hat in meine Bauchnabel“ stoßen. Oder vielleicht auch ein kleines Fässchen. Oder der gesamte Nuckelkopf würde darin verschwinden. Ich habe einen spektakulär großen Bauchnabel.
Nein, habe ich nicht. War nur ein Scherz. Oder auch nicht? Man weiß es nicht. Wie dem auch sei, unser Camp ist fertig und die Wildcamper (Greta (Musstdunicht)- Thunberg und ihre Gruppe aus dem Kinderhort), die hier ohne behördliche Genehmigung ihre Zelte aufgebaut haben, blicken manchmal etwas unfreundlich zu uns rüber. „Alles Spießer“, werden sie gerade denken, „und den einen haben sie aus dem Altersheim entführt!“ Mein graues Haar erscheint ihnen seltsam und wahrscheinlich vermeinen sie einen leichten Modergeruch wahrzunehmen. Der flotte Dreier von der anderen Seite kann sich noch nicht ganz entscheiden, ob man vor, oder in dem Zelt übereinander herfallen möchte. Skandalös das Ganze und ich bin entsetzt. Genauso wie der Rest unserer Truppe. Wahrscheinlich bin ich doch ein Spießer.
Wir sind zu sechst und zu fünf sechstel ein reines Familienunternehmen. Ich in der Rolle als Grandpa Sam Walton, meine jüngere Schwester als Olivia, mein jüngerer Bruder als John Boy, meine Tochter als Mary Allen, meine Nichte und zeitgleich auch die Tochter meiner jüngeren Schwester als Erin und schließlich die Freundin meiner Nichte, also der Nichte, die auch die Tochter meiner jüngeren Schwester ist, als Elizabeth. Die Älteren werden diese Namen sicher kennen und sich genauso amüsieren, wie ich, während die Generation meiner Tochter überhaupt nicht weiß, wer das sein soll, diese Waltons. Vermutlich Folksänger aus den 60ern. Und mit dem „Gute Nacht, John Boy!“ und dem „Gute nacht Grandpa!“ und dem „Gute Nacht, Mary Ellen!“, können sie so rein gar nichts anfangen.
Mit meinem Bruder teile ich eine sehr lange Geschichte hier auf dem Hurricane. Er war mit mir damals auch beim ersten Mal im Jahr 2000 dabei. Ich war seinerzeit 33 und er 20 Jahre alt. Zusammen mit meinem Schwager Hasenerseits waren wir damals recht unbedarft hierher gekommen. Das Programm begann damals Samstag Mittags und wir sind am Vormittag angereist. Zusammen mit uns waren rund 40.000 Leute da und wir waren total schlecht vorbereitet. Wir hatten nichts zu essen, außer Bockwurst und Toastbrot und weil wir nur eine Nacht da blieben hatten wir auch keine Stühle dabei. Die Folge war, dass wir für längere Zeit vor unserem Zelt kauerten und uns von trocken Brot und Bockwurst und zu enorm großen Teilen von Dosenbier ernährten. Spätestens die achte Bockwurst schmeckte widerlich und wollte eher durch den Hals wieder nach draußen, als dass sie in Richtung Magen gleiten wollte, während das pfurztrockene Toastbrot am Gaumen klebte.
Irgendwann ernährten wir uns beinahe ausschließlich vom Dosenbier und wir hatten ausreichend Gelegenheit für viele Konzerte, die damals auf zwei Bühnen stattfanden und bei denen es so gut wie gar keine Überschneidungen gab. Es war herrlich. Aber auch arschteuer. Als ich irgendwann mal was anderes als Bockwurst mit Toastbrot essen wollte, bin ich zu einem schwindeligen Imbisswagen gegangen und habe mir dort ein „Riesen Hot Dog“ für sagenhafte 8DM geholt. Das war im Prinzip ja nichts anderes, als eine Art Brot mit Bockwurst. Für einen Hamburger fehlte mir einfach der Mut. Ich bin ja so berechenbar. Dafür waren aber auch noch Röstzwiebeln, Remoulade, Ketchup und Gurken drauf. Genaugenommen vier Gurkenscheiben. Umgerechnet hat also eine Gurkenscheibe satte 2DM gekostet. Für die Jüngeren sei erklärt: DM bedeutet Deutsche Mark…die Nachfolgerwährung der Reichsmark und Vorgänger vom Euro.
Das war der Grundstein meines Festivallebens und ich war von Anfang an begeistert. Begeistert von der absolut freien Art zu leben. Einfach mal ein Wochenende nur das machen, was ich wirklich machen will. Also Dosenbier, Bockwurst (mit Einschränkungen) und viel Musik. Es ist nichts anderes als ein Lebensgefühl, das man in seinem Alltag einfach nie hinkriegt. Setzt Dich mal mit ner Palette Dosenbier in den Garten und hau Dir eine Bockwurst nach der anderen rein. Das dauert keine zwei Stunden und sie kommen, Dich zu holen……
Wie dem auch sei, das Ganze hat sich seither entwickelt, will ich mal sagen. Aus zwei Bühnen sind vier, oder genaugenommen fünf geworden und aus den damals rund 40 Bands sind nun ganze 100 geworden, die sich in der Zeit von Freitag bis Sonntag nicht nur die Klinke in die Hand geben, sondern sich eigentlich sinnbildlich gegenseitig die Tür an den Kopf knallen. Ein Genie, wer dabei noch den Überblick behält, weil der Timetable total überfüllt ist. Und aus einem kleinen Iglu, in dem wir mit drei ausgewachsenen Männern lagen, sind zwei Zelte geworden, von denen eines so groß ist, dass ich aufrecht drin stehen kann. Aus einem kleinen Iglu würde ich wahrscheinlich nie wieder rauskommen, wenn ich erstmal drin wäre. Das Veranstaltungsgelände ist dreimal so groß, wie damals und es sind gefühlt 378km, die man hier an einem Wochenende, das beinahe eine Woche ist (Donnerstagmorgens bis Montagmorgens) wandert.
Und auch das Sicherheitskonzept wurde seither mehrfach überarbeitet. War es damals noch möglich auf dem Campinggelände nachts auch mal ein kleines Lagerfeuer zu machen und irgendwann auch mal ein Feuerwerk zu zündeln, ist das heute straffer organisiert. Und gerade das Lagerfeuer war dabei eine abenteuerliche Sache. Zumindest, wenn die Jungs die Begrenzungspfähle für das Trassenband, dass die Campingflächen markiert, als Brennmaterial nehmen. Und ganz besonders, wenn sie angetrunken und nicht gerade zimperlich bei der Materialbeschaffung sind.
Und ich kann nur sagen, dass es ein beklemmendes Gefühl ist, wenn das Kopfende Deiner Matratze gefühlt keinen halben Meter neben einem solchen Pfahl ist und das Ding mit einer Art Vorschlaghammer bearbeitet wird, um ihn aus dem Boden zu kriegen, oder ihn bodengleich abzuschlagen. Mit jedem dumpfen Knall gegen das Teil wird man kleiner in seinem Schlafsack und man betet, dass man möglichst am nächsten Morgen aufwachen möge, ohne gespaltenen Schädel.
In unserem zweiten Jahr, also in 2001 waren wir besser ausgerüstet. Wir hatten neben Bockwurst und Toastbrot auch schon Nutella dabei. Für´s Frühstück. Was mir eigentlich vollkommen gleichgültig war, weil ich überhaupt kein Nutella esse. Aber abgesehen davon, hatten wir auch erste Sitzgelegenheiten dabei. Unter anderem einen Klappstuhl der wie eine Art Regiestuhl aussah. Roter Stahlrahmen mit weißem Bezug.
Das war MEINER(!!!) und er war da schon 13 Jahre alt. Jahre später war er leihweise auf dem ersten Deichbrand und eine der auftretenden Acts war Fräulein Menke. Genau jene Sängerin, die in den mittleren 80ern mit ihrem unterirdischen Smashhit „Hohe Berge“ nicht gering dafür verantwortlich war, dass die die neue deutsche Welle den Bach runterging. Und weil Fräulein Menke bei diesem Deichbrand eher so eine Art Z-Promi war, campierte sie nicht im VIP Bereich, sondern auf dem Gelände für die normalen Menschen.
Und als sie da eines Nachts betrunken über den Campingplatz wanderte, ist sie bei meinen Bekannten, denen ich meinen Stuhl geliehen hatte, hängen geblieben und setzte sich auf eben jenen Stuhl. So nah bin ich einem Promistatus, auch wenn er eher indirekt war, nie wieder gekommen. Und in Gedenken an diesen denkwürdigen Moment, heißt dieser Stuhl nur noch Fräulein Menke.
Doch zurück zu 2019. Wenn der Hase das hier liest, wird sie meckern, weil ich so verdammt viel Zeitsprünge und Ortswechsel eingebaut habe. Aber das ist der Hasenblog, da darf man auch beim Lesen ruhig nachdenken müssen.
Wer nun dem hektischen Verlauf dieses Textes folgen konnte, wird gemerkt haben, dass ich Unterschiede zwischen meiner Premiere auf dem Hurricane und dem Dasein dort heutzutage, in den Vordergrund stelle. Nun denn, ein wesentlicher Unterschied ist auch das Medikamentenkästchen, dass ich mitnehmen muss. Wer täglich 5,5 Tabletten schlucken muss, der muss das vernünftig organisieren. Und der Schuhanzieher, den ich aktuell immer dabei habe, weil es mir einfach zu Umständlich ist, mich zu bücken, um die Schnürsenkel zu binden, ist auch ein Inditz der Veränderung. Ich kriege vom Schnürsenkelbinden nicht selten auch einen Krampf in der Schulter. Ja, man kann einen Krampf in der Schulter kriegen. Und wenn man ehrlich ist, stellt sich einem die unvermeidliche Frage: „Bin ich zu alt für den Scheiß?“ Und gerade am Donnerstagabend kann ich das mit einem ganz klaren „Ja!!!“ beantworten. Ich bin entsetzlich müde, mir dröhnt der Schädel und ich bin auch sonst total im Eimer. Ich fühle mich wie dieser Typ in dieser Werbung, der erkältet ist und seine Frau anfleht: „Kannst Du meine Mama anrufen?“
Ich lege mich noch vor elf am Abend hin und bin mir sicher, dass ich nicht einschlafen kann. Denn ich liege auf einer selbstaufblasbaren Luftmatratze, die vor Schreck die Luft rauszulassen scheint, als sie merkt, welche Gewichtskategorie auf ihr Platz nehmen möchte. Da ich wie immer kein Kissen mitgenommen habe, knülle ich eine Jacke zusammen und nehme das als Kissenersatz. dieser ist allerdings derart unzulänglich, dass ich permanent das Gefühl nicht loswerde, dass ich bergab liege. Die Füße höher als der Kopf. Viel unbequemer geht wohl nicht. Überall um mich herum ist es laut. Und waren es früher vereinzelt ein paar Musikanlagen, die der geneigte Camper dabei hatte, so habe ich heute das GEfühl, dass jeder Zweite ein Soundsystem auf dem Rücken trägt, das nicht nur einen halben Kubikmeter groß ist, sondern auch lauter als ein Düsenjet.
Ich werde hier nie schlafen können, denke ich und mache mich damit vertraut, dass ich mich morgen, am Freitag wohl verabschieden werde. Ich bin definitiv zu alt für diesen Scheiß! Was hatte ich mir nur dabei gedacht, als ich die Karte gekauft hatte? Wollte ich meine verblassende Jugend noch einmal zurück holen? Manchmal, wenn man selbst für eine Erkenntnis oder eine Einsicht zu verblendet oder auch zu blöd ist, sagen die Umstände Dir, was ein Mann kann und was er nicht kann. Und ich kann auf jeden Fall hier und jetzt nicht schlafen, denke ich, als ich keine 7 Sekunden später in einen traumlosen Schlaf falle. Morgen geht´s nach Hause, sind die letzten Worte, die mir durch den Kopf gehen……
Fortsetzung folgt
Gehe ich nach Hause? Bleibe ich? Wird es doch noch gut? Werden wir zu einer Swinger Party im Nachbarzelt eingeladen? Oder aber zu einem Grünkernbratlingfestessen auf der anderen Seite? Gibt es alte Menschen hier, außer mir? Eine Antwort auf all diese Fragen gibt es in der nächste Folge von : Mit Kukident und Dosenbier…….