Kurs Nord- Nordwest, oder West- Nordnord, oder Nord- Westwest…..

Ich habe eine vereinfachte geografische Wahrnehmung von der Insel. Oben ist Norden, unten ist Süden und an den Seiten Osten und Westen. Wobei ich jedesmal überlegen muss, wo nun genau Osten oder Westen ist. Das eine ist dann links, das andere rechts. Geht irgendwie nach dem Uhrzeigersinn und der ist ja immer rechtsrum. Was mir aber auch nur bedingt weiterhilft. Jedenfalls geht die Sonne im Osten auf, und wenn Dir die Sonne senkrecht vom Himmel auf den wenig behaarten Schädel brennt, dann ist auch diese Angabe keine große Hilfe. Wie gesagt, ich stelle mir die Lage der Insel so vereinfacht vor. Wie unser Haus eben auch genau nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet ist. Aber Mallorca liegt natürlich nicht genauso ausgerichtet wie unser Haus. Dafür haben wir Deutsche die Insel zu spät entdeckt. Wenn ich also sage, dass wir gestern die Ostküste abgefahren haben, ist das nicht ganz richtig, Es ist dann die Nordost-, oder Südostküste. Oder aber die Nordsüdküste…..Ach nein, das geht ja nicht. Aber für meine Darstellung der Erkundungen, bleibe ich bei den vereinfachten Benennungen. Und deswegen fahren wir heute in den Norden und wollen auf der Westseite das dort anwesende Gebirge durchqueren…..

Ich möchte wieder Kreisel fahren. Eine Nacht ohne, hat eine gewisse Leere in mir hinterlassen. Da trifft es sich gut, dass wir heute unseren zweiten Autowagenfahrtag haben. Heute geht es an die Nordspitze (Kap Formentor) und durch das Gebirge auf der Westseite. Aber als erstes haben wir diese andere Tropfsteinhöhle auf dem Programm. Oder die Coves de Campanet, wie wir Spanier so sagen. Eine Art Insider Geheimtipp, der noch nicht so von Touristenmassen überlaufen ist. Wenn ich da bin, dann haben die aber immerhin einen massigen Touristen. Das ist doch auch schonmal was.

Der Weg zu dieser Höhle führt im ersten Moment in die Richtung, aus der wir gestern gekommen sind und ich habe böse Vorahnungen. Aber die Straßen bleiben heute groß und wir fahren dann direkt auf das westliche Gebirge zu, dass sich majestätisch vor uns erhebt. Ich liebe solche Anblicke und freue mich schon darauf, später am Tag richtig in die Berge zu fahren. Die Höhle ist nicht sehr hoch gelegen, aber immer noch hoch genug, dass man, bevor man reingeht, einen schönen Blick über die Landschaft hat. Und dann diese Höhle, oder besser dieses Höhlensystem. Famos das Alles! Wer mal auf Malle ist und sich für sowas interessiert, dem kann ich das hier nur wärmstens empfehlen. Die einzelnen Höhlen haben Namen, die ich allerdings schnell wieder vergesse. Der Eintritt beträgt 15 Euro pro Nase. Recht üppig, aber das ist auf der Insel wohl der Satz für Tropfsteinhöhlen. Ich könnte jetzt ein paar Seiten davon schwärmen, was es alles für beindruckende Gebilde gibt und wie man den Zugang zu den Höhlen wirklich angemessen schön hingekriegt hat, aber das schenke ich mir. Am Besten selbst mal hin. Man kann in diesem Internet bestimmt viele Bilder finden, aber es ist immer etwas Anderes, wenn man selbst vor Ort ist und alle Sinne eingeschaltet hat.

Eine dreiviertel Stunde dauert der Spaß und man geht über schmale Wege und viele Treppen. Und seltsamerweise ist es auch hier weniger kühl, als erwartet. Am Ende bin ich aber von allem angenehm beeindruckt und ich glaube das geht uns allen so. Wir setzen uns auf eine große Terrasse, die zu einem Restaurant gehört und lassen es mal richtig krachen. Wir holen uns vier Cola. Von dem immensen Umsatz komplett überwältigt, überlegen die Betreiber, den Laden für heut dicht zu machen. Die Tageseinnahmen sind jetzt schon gesichert. Vier Cola auf einmal? Was soll da noch kommen? Wir sitzen auf dieser Terrasse, trinken unsere Cola und haben einen wunderbaren Blick auf die wunderschöne Landschaft mit ihren Bergen und vielen Pinien, oder Zypressen, oder irgendwelchen Bäumen, von denen ich denke es wären Pinien oder Zypressen, wer weiß das schon. Es sieht hier ein bisschen aus, wie in der Toskana. Nicht dass ich schon irgendwann einmal in der Toskana war, aber so stelle ich es mir dort vor. Es ist wirklich idyllisch hier und eigentlich möchte ich gar nicht wieder weg. Etwas zu Essen, ein kleines Bierchen oder ein Glas Wein vielleicht und dann die ganze Zeit diesen Ausblick genießen. Das könnte mein Beruf sein. Warum nur bezahlt mich niemand dafür? Vielleicht weil ich einen Hasenblog habe und keinen Reiseblog.

Egal wie schön ein Moment auch ist, er bleibt eben ein Moment und geht vorüber. So machen wir uns nun auch auf den Weg. Das Ziel heißt Kap Formentor und ist etwas spezieller. Nicht das Ziel an sich, aber der Weg dorthin. Kap Formentor ist der nördlichste Zipfel und besteht im Prinzip aus einem postkartenwürdigen Leuchtturm, der auf einem enorm hohen Felsmassiv steht, das stumm und mächtig aus dem Wasser ragt. Mehr Klischee geht kaum, aber es könnte auch kaum schöner sein. Man erreicht diesen Leuchtturm über eine schmale kurvige Straße, die an diversen Abgründen entlangführt. Und genau das ist der Knackpunkt. Die schmale und nicht gänzlich ungefährliche Straße wird in der Hauptsaison täglich angeblich von tausenden Fahrzeugen befahren, was in Stoßzeiten zu einigem Chaos geführt hatte. In den Sommermonaten ist deshalb tagsüber die Durchfahrt für PKW gesperrt. Darum hat man nun eine Shuttlebuslinie eingeführt, die man in der Hauptsaison nutzen muss. Man kann natürlich auch alle Vorgaben ignorieren und selber rüberfahren. Das kostet aber schlappe 200 Euro, wenn man erwischt wird. Und da wir in der Haupthauptsaison hier sind und man mich bestimmt erwischt, wenn ich etwas Ungesetzliches mache, haben wir uns dazu durchgerungen, den Bus zu nehmen.

Port de Pollenca heißt der Ort an dem es losgeht und uns schwant Böses. Es ist mitten am Tag und mitten in der Hauptsaison und das Ziel mit Sicherheit überlaufen. Die Busse werden wieder übervoll sein und wir werden eingepfercht wie die Ölsardinen über diese schauklige Straße gekarrt, ohne dass wir unterwegs irgendwas Interessantes zu sehen bekämen. Schon an dem Parkplatz, den wir aufsuchen müssen, werden Chaos und Anarchie herrschen. Mit Sicherheit!

Der Weg nach Port de Pollenca ist allerdings auch schon reizvoll. Alles was Recht ist, aber heute ist die Gegend um Längen schöner als gestern. Blauestes Wasser breitet sich mehrere hundert Meter unter uns aus und große helle Felsen stechen vereinzelt heraus, wie die Zähne eines Meeresungeheuers. In einer kleinen felsigen Bucht liegen schicke Yachten vor Anker und an einem noch kleineren Strandstück sonnen sich Leute. Höchstwahrscheinlich die Reichen und Schönen, also das genaue Gegenteil von mir. Es gibt auch noch einen Aussichtspunkt, an dem man anhalten kann und einen phantastischen Blick über alles hat. Den heben wir uns für den Rückweg auf. Erst einmal wollen wir zu diesem Parkplatz und dann zu diesem Leuchtturm. Da geht bestimmt schon eine Menge Zeit bei drauf. Und das Auto wird in der Sonne stehen und wir werden einen Hitzschlag bekommen, wenn wir später wieder einsteigen.

Der Parkplatz ist riesengroß und kostenlos und hat eine Vielzahl von überdachten Stellplätzen. Und das Tollste ist, davon sind noch jede Menge frei. Was mich wundert, weil doch tausende von Leuten jeden Tag hierher kommen. Aber es wartet ja noch die Fahrt mit dem Shuttlebus und da werden wir bestimmt mega lange warten. Alle halbe Stunde geht ein Bus. Da passen dann im Normalfall fünfzig Leute rein. Oder aber hier auf der Insel 123 Leute. Macht bei, ich sag mal 4.000 Leuten am Tag und zehn Stunden Zeitfenster.. also 4.000 durch zehn mal 123 ungefähr 500 Stunden Wartezeit…..äh nee….also 123 mal zehn durch 4.000 zum Quadrat….ach, es ist kompliziert. Aber es wird dauern, so viel steht fest. Aber wir haben Geduld. Ist ja schließlich Urlaub.

Auf den ersten Blick ist die Bushaltestelle nicht als solche zu erkennen. Sie liegt an einem Stück Wald und ein paar Reisezombies stehen zwischen den Bäumen im Schatten und warten. Wahrscheinlich auf den Bus. Es sind aber nur rund 20 bis 30 Leute. Das macht uns stutzig. Wahrscheinlich sind noch ein paar hundert im Wald versteckt und fallen über den Transferbus her, wenn er seine Türen öffnet. Der moderne Wegelagerer. Es herrscht reger Verkehr und auf dem Parkplatz ist ein stetes Kommen und Gehen. Aber viele Busse sieht man nicht. Doch da, da ist plötzlich einer. Er kommt auf uns zu, dreht um und fährt weg. Vielleicht sollte ich mich weiter nach hinten stellen. Wirkt dann weniger abschreckend. Aber auch ohne diese Maßnahme erreicht uns dann doch der Bus, in den wir einsteigen müssen. Wir steigen ein und es bleiben noch einige Plätze übrig und wenn der Fahrer jetzt mal das machen würde, was sein Job ist, also wenn er jetzt fahren würde, dann wäre das richtig angenehm hier drin. Aber natürlich wartet er. Worauf nur? Es steigen immer mehr Fahrgäste ein. Aber noch erträglich das Ganze. Es kommt ein Bus aus der Richtung, in die wir fahren werden. Vielleicht musste er den ja noch abwarten, damit nicht zu viel Verkehr ist.

Es scheint so, denn wir starten. Die Fahrt ist kurzweilig und schön. Ich bin froh, dass ich nicht selbst am Steuer sitze, denn erstens ist die Strecke durchaus anspruchsvoll und zweitens ist der Ausblick so, als habe man einen überdimensionalen Reiseprospekt ans Fenster gepappt. Herrgott, was ist das schön hier und die Krönung ist, als wir auf den Leuchtturm zufahren. Die malerische Straße schlängelt sich kurvenreich auf die letzte Anhöhe zu. Der Anblick schlechthin und für mich der schönste Ort auf der Insel. Der Turm steht auf einem großen sockelartigen Gebäude, das wiederum ein paar Meter über einem großen Parkplatz liegt. Wir steigen aus und ich versuche das alles möglichst intensiver zu genießen, als ich es eigentlich kann. Man guckt halt nicht nur mit den Augen. Ich stehe an einer Brüstung und blicke mit einer gewissen Allmacht auf die unendlichen Weiten des Meeres, dass sich im blauesten Blau unter uns ausbreitet. Ich verspüre den Impuls auf die Brüstung zu steigen, die Arme hochzureißen und: „Ich bin der König der Welt! Nimm das, Leo di Caprio!“ zu rufen, mit der Betonung auf ich. Meine mir angeborene latente Höhenangst hindert mich an diesem Vorhaben. Schließlich sind es hier schlappe 384 Meter bis zur Meeresoberfläche. Zu hoch für einen Kopfsprung. Zumindest für einen, den man irgendwie überleben möchte.

Wir haben ein bisschen Durst, aber in dem SB „Restaurant“ oder was auch immer das hier sein soll, kostet die Cola mal eben 4 Euro pro Dose. Im Vergleich zu den 2,5 Euro an der Tropfsteinhöhle ein Schnapper. Wir verzichten auf das Getränk. Und wieder ist es so, dass ich hier eigentlich gar nicht weg möchte. Der Ausblick, auch ohne Getränk, ist grandios und ich möchte mein Geld damit verdienen, ihn zu genießen. Stundenlang. Tagelang. Ach irgendwie lang. Dafür bleibt aber auch wieder keine Zeit, denn die Insel möchte noch weiter erkundet werden. Also nehmen wir den nächstbesten Bus, so wie es alle anderen auch machen und fahren wieder zurück zum Wagen. Und ja, wir waren vielleicht nicht übermäßig lange da, aber haben alles Sehenswerte gesehen. Wer aber sich die Zeit nehmen kann, um hier einfach mal nur zu sein, um des Hierseins Willen, der wird sich auch nicht langweilen, wenn er Stunden hier verbringt. Ich persönlich möchte nochmal herkommen und einen Sonnenuntergang betrachten. Ich bin ein großer Fan von Sonnenuntergängen am Meer und von hier aus sollte das besonders schön sein. Aber auf einer felsigen Mauer zu hocken und der Zeit dabei zuzusehen, wie sie vergeht, ist nicht jederhasens Sache.

Wir verlassen den Parkplatz und müssen im Prinzip erst einmal wieder in Richtung der Höhle fahren, wenn wir ins Gebirge wollen. Unterwegs kommen wir noch an diesen Aussichtspunkt, der auch wieder gut frequentiert ist. Anhalten, einparken, aussteigen, zum Aussichtspunkt gehen, aufs Meer blicken, den mehrere hundert Meter hohen Felsen, der aus dem Wasser ragt und den man bestens sehen kann, bestaunen, ohh sagen und ahh sagen, zum Auto zurückgehen, einsteigen, ausparken und weiterfahren. Es ist wirklich überall schön, aber ich habe laufend das Gefühl, dass wir zu wenig Zeit haben. Vielleicht wäre es besser gewesen, drei Tage mit dem Auto über die Insel zu cruisen. Vielleicht aber auch nicht. Ich liege ja auch gern am Strand.

Auf dem Weg ins Gebirge macht sich bei uns allen ein Hungergefühl breit und wir halten die Augen offen nach irgendeinem Imbiss. Einfach mal eine Portion Pommes oder so, das würde auf jeden Fall reichen. Der Hase ist nicht gänzlich überzeugt davon. Es wohnt immer ein sparsamer Mensch in ihr und wenn das schöne Leben einfach mal auch ein bisschen Geld kostet, dann rechnet sie immer mit, ob man dies oder jenes machen sollte oder eben nicht. Manchmal muss ich meinen Hasen regelrecht dazu zwingen, auch mal alle Fünfe gerade sein zu lassen. Grundsätzlich ist Sparsamkeit keine schlechte Eigenschaft, aber in Ausnahmen sollte man über den eigenen Schatten springen. Das klappt manchmal auch super, aber eben nicht immer. Also suchen wir nach einem Kompromiss und finden einen LIDL. Beängstigend. Da fliegst Du ans Mittelmeer und findest den Discounter von um die Ecke. Nicht schön, aber auch der Spanier muss rechnen, bei den Einkäufen.

Wir holen uns ein paar windige Getränke und einige Dinge aus der Backabteilung. Ich habe irgendeinen merkwürdigen zähflüssigen Saft, dessen Farbgebung in dem weiten Spektrum zwischen Neon- und Popelgrün liegt. Der Saft stand aber im Kühlregal, was ein wichtiges Kaufargument war. Er schmeckt ein bisschen so wie er aussieht und löscht nur bedingt den Durst. Die Backabteilungsartikel sind auch eher dazu gedacht, den Hunger zu stillen. Lecker sein, war bei dem Preis nicht inbegriffen.

Was uns auf unseren Fahrten immer mehr auffällt sind die Steinmauern, die es praktisch überall auf der Insel gibt. Eigentlich sind es eher Steinwälle aus grobem hellem Gestein, die auf Ebenen, an Hängen und an jeder Ecke in jeder Landschaft zu sehen sind. Wir fragen uns, was deren Zweck ist und wer sie erbaut hat, denn sie wirken teilweise recht alt. Also bleibt festzuhalten, dass Mallorca ebenso viele Kreisel wie Wälle oder Mauern hat. Und das ein LIDL dort genauso aussieht, wie ein deutscher LIDL. Was in etwa den Charme hat, als wenn man ein Dreirad auf einer Automobilausstellung findet. Es ist halt so gewöhnlich, so normal und das möchte man auf einer so schönen Insel eigentlich nicht unbedingt sehen. Man fliegt in den Urlaub, damit man das Besondere zu sehen kriegt, das man nicht mal eben vor der Haustür hat. Man vergisst, dass man bildlich gesprochen in das Wohnzimmer anderer Leute geht und sich wundert, dass diese Leute dort wohnen. Ach, wir Urlauber sind manchmal Ignoranten.

Die Backwarenabteilungserzeugnisse ergeben in Zusammenhang mit dem komischen Saft, der wohl auch im Dunkeln leuchtet, eine unheilige Allianz und erzeugen einige merkwürdige Gefühle und Geräusche im Magen- und Darmtrakt. Nur keinen Durchfall kriegen, denke ich, nur keinen Durchfall kriegen. Denn jetzt ist es soweit, wir fahren in dieses Gebirge, das wir schon andauernd aus der Ferne betrachtet haben und es wird mit ein klein wenig mulmig. Denn die Straßen durch die Berge sind auf Maps nicht wirklich gut eingezeichnet und, soviel kann ich erkennen, schlängeln sich extrem kurvig durch die Landschaft. Ich mag solche Strecken, der Hase nicht. Aber was ich nicht erkennen kann ist, wie breit sind die Straßen, wie tief sind die Abgründe und wie dicht muss ich an denen entlang fahren, wenn ich Gegenverkehr bekommen sollte. Ich habe schon manchmal ein paar recht aufregende Strecken in meinem Leben befahren, aber die waren vielleicht mal ein paar hundert Meter, oder wenige Kilometer lang. Diesmal sind es über 40 Kilometer, die ich zu fahren habe und ich weiß nicht, wie steil es wird und ob man zwischendurch auch mal parken kann.

Ich verschweige dem Hasen diese Gedanken, denn sie ist ja schon prinzipiell aufgeregt, wenn ich mit ihr und den Kindern durch irgendwelche Bergstrecken fahre. Die Straßen sind breit, kurvig und auch mitunter steil und weil ich weiß, dass der Hase immer einen flotten Reifen fährt und ich ihre Geduld nicht unnötig strapazieren möchte, zeige ich dem Gaspedal ein bisschen, warum es sein Dasein hat. Natürlich immer im Rahmen des physikalisch Machbaren. Ja, ich muss zugeben, das hat ein bisschen was von einer Achterbahnfahrt und ich habe mehrfach dieses Kribbeln im Bauch, das man von derlei Fahrgeschäften kennt. Beim Hasen scheint das Stadium des Kribbelns schon lange überschritten zu sein. Weil unser Sohn den Navigator macht, sitzt er auf dem Beifahrersitz und der Hase hinten. Was dem Hasen auch noch das letzte Stück Kontrolle nimmt und sie grundsätzlich schon unruhig werden lässt. Das Ganze dann noch durch die Berge und dann mit diesem Affenzahn (zumindest empfindet sie es so), macht die Panik komplett. Der Hase hält damit auch nicht lange (Achtung Wortspiel) hinterm Berg und nörgelt ein bisschen rum. Sie schließt die Augen, damit sie nicht alles sehen muss, was an ihrem Fenster vorbeirast. Was aber fatal ist, weil mein Hase nicht mal die Augen zumachen kann, wenn man geradeaus fährt. Jetzt und hier, bei der Streckenführung ist das zu viel des Guten.

Der Hase scheint einer Ohnmacht nahe und in mir brodelt es, nicht nur wegen der merkwürdigen Ernährung. An der nächstbesten Parkbucht (ja es gibt ein paar davon) halte ich schnittig an und wir diskutieren kurz aus, ob ich umkehren soll, oder ob ich vielleicht mal ein bisschen sinniger fahren könnte. Wir sind übrigens schon über 800 Meter hoch. Ist mir gar nicht so aufgefallen, bei der schnellen Fahrt. Provokanterweise fahre ich schleichend wie ein Rentner weiter. Dem Hasen gefällts. Aber immerhin habe ich jetzt mehr Augen für die Landschaft. Und wer die alten Winnetou Filme (ja genau, dieses verbotene Zeugs) kennt, der fühlt sich jetzt genau da hin versetzt. Wenn jetzt noch ein großer See käme, wäre das haargenau wie beim Schatz im Silbersee.

Natürlich kommt auch der See. Vier Kurven weiter ist dieses große hellblaue Gewässer und an der einen Seite ein großer Parkplatz ohne Bleichgesichter und Rothäute, obwohl man sie eigentlich vermuten könnte. Also beinahe jedenfalls, denn auf dem Parkplatz, der echt sehr groß ist, parkt noch ein Auto. Die Türen stehen offen. Drin sitzt ein junges Pärchen, dass sich nur mit Mühe zurückhalten kann, sich gegenseitig die Kleider vom Leib zu reißen und dann hemmungslos übereinander herzufallen. Kein Witz. Der Spanier ist auch ein sehr leidenschaftlicher Mensch. Die herrliche Aussicht, also die Aussicht auf den See, lässt den Hasen die Strapazen vergessen und ich grummel auch nicht mehr. Nach einem kurzen Fotoshooting, von uns mit dem See im Hintergrund (nicht von den beiden Heißblütern im Wagen) und wir fahren weiter. Und ich kontrolliere jetzt nicht durch den Rückspiegel, ob sich der Wagen der Anderen nun rhythmisch bewegt. Ehrlich nicht. Ein kleines Bisschen vielleicht, aber viel sehen kann man nicht. Außerdem muss ich mich auf den Verkehr konzentrieren. Auf den Straßenverkehr, selbstverständlich.

Unser eigentliches Ziel wäre eigentlich Port de Soller, wenn es denn zeitlich passt. Port de Soller ist eine Hafenstadt an der Westküste und ist idyllisch vom Gebirge eingerahmt und nein, die Zeit reicht nicht. Wir fahren weiter durch die Berge, kommen auf rund 1.000 Meter und haben einen super Blick auf den Puig Major (Gott weiß, wie man das hier ausspricht), den höchsten Berg der Insel, der über 1.400 Meter hoch ist. Schon imposant das Ganze. Am Rande des Gebirges kommen wir in eine kleine Stadt namens Fornalutx (versucht das mal auf Deutsch auszusprechen) und die ist wirklich, wirklich schön. Genauso wie ich mir eine verträumte kleine spanische Stadt vorstelle. Es fehlen zwar noch die Esel und die alten Männer in den Hauseingängen, aber ansonsten ist dies nun die schönste Stadt, die wir gesehen haben. Das Beste zum Schluss. Die Gassen sind eng und manchmal noch enger und manchmal zu beiden Seiten von mannshohen mit diesen Steinwällen, die es wirklich überall auf der Insel gibt, eingerahmt. Das ist manchmal wirklich so eng, dass beinahe die Spiegel vom Auto an den Wällen hängen bleiben. Und dann gibt es auch noch Kurven und Ecken. Habe ich in der Form auch noch nicht gehabt. Aber Fornalutx hinterlässt, ebenso wie Cap Formentor, einen bleibenden Eindruck.

Schneller als erwartet ist die Fahrt vorbei und wir kehren zurück. Heute erreichen wir unser Hotel zur Abendbrotzeit, essen und gehen danach schwimmen. Der perfekte Abschluss, für einen perfekten Tag, wenn nur dieses entsetzliche Jucken nicht wäre. Es geht los in der Leistengegend, dann an den Armen und dann….