Hasenhochzeit….. oder Frau Eichler, Ihr Einsatz bitte

Ich bin nie so der große Kirchgänger gewesen und ich werde es wohl auch nicht werden. Das liegt vielleicht auch daran, dass gerade meine frühen Erlebnisse mit dieser heiligen Institution nicht gerade sehr positiv gewesen sind. Das erste woran ich mich erinnere war, dass ich in ein Kleid gesteckt wurde. Ich, als Junge, in ein Kleid! Wie entwürdigend. Und als wenn das noch nicht genug wäre, hielt man mich über eine Art Waschbecken und ein schwarz uniformierter Mann wusch mir mit kaltem Wasser aus diesem Becken das spärliche Haupthaar. Dabei redete er recht merkwürdige Dinge. Ich hatte Angst und schrie nach Leibeskräften. Mein Vater aber hielt mich fest. So fest, dass es mir unmöglich war, diesem Alptraum zu entkommen. Ja, es war meine Taufe und es war schrecklich. Nicht, dass ich da noch irgendeine Erinnerung dran hätte, aber das was man mit später davon erzählte, reichte aus, um mich nachträglich zu traumatisieren.

Das zweite Erlebnis war dann die Taufe meiner jüngeren Schwester. Ich war als Täufling also kein Einzelfall. Das gönnte ich ihr. Nicht aus reiner Bosheit, aber warum sollte nur ich so etwas durchmachen müssen.  Dass sie ein Kleid trug, konnte ich nachvollziehen und ich weiß nicht, ob sie so geschrien hat, wie ich. Ich war mit anderen Dingen beschäftigt, wie zum Beispiel ausgiebig in der Nase zu Bohren, was aber nicht besonders gern gesehen wurde.  Die Kirche war ein altes Gebäude und sie wirkte auch ein wenig Furcht einflößend. Es gab auch eine riesige Orgel, auf der unheilsschwangere Musik gespielt wurde. Vor uns, der Gemeinde, stand wieder dieser schwarz uniformierte Mann und erzählte uns vom Heiland, vom Vater, vom Sohn und vom heiligen Geist. Uhh, es gab hier also auch Geister. Wie gruselig.

Aber es war ansonsten ziemlich langweilig.  Mal durfte man sitzen, dann musste man aufstehen und beten, was auch immer dieses Beten sein sollte und hin und wieder wurde auch zur Orgelmusik gesungen. Die Zeit schleppte sich zäh dahin, bis auf einmal etwas Leben in die Bude kam. Eine Art Beutel, der an einem langen Stock hing, wurde durch die Reihen gegeben und die Leute griffen mit ihren Händen rein. Faszinierend…….  Als der Beutel dann bei mir war, tat ich es auch. Ich griff rein und….ui, da war ja Geld drin. Ja danke auch, dachte ich und nahm eine Handvoll heraus. Neben mir saßen eine meiner Tanten und eine Cousine von mir, die schon erwachsen war. Entsetzt sahen sie das Geld in meiner Hand. „Tu das sofort wieder rein!“, zischte meine Tante. Das wollte ich aber nicht. Warum auch? Schließlich hatte man es mir unter die Nase gehalten. Also hielt ich es erst recht fest. Der Mann, der den Beutel herumgereicht hatte, schüttelte vorwurfsvoll den Kopf und die Leute drehten sich schon nach uns um. Es war still in der Kirche. Sehr still. Ich bockte und meine Tante und meine Cousine versuchten mit vereinten Kräften meine Hand zu öffnen. Schließlich gab ich weinend nach. Es war allen, die mit mir verwand waren, unheimlich peinlich, dass ich etwas aus dem Klingelbeutel nehmen wollte und ich war enttäuscht. Von nun an wusste ich, dass in der Kirche nicht immer alles so war, wie es zunächst den Anschein hatte. Ich fühlte mich betrogen.

Es folgten im Laufe der Jahre diverse kirchliche Anlässe im Verwandtenkreis, die meine Anwesenheit in Gottes Haus erforderlich machten. Stunden in denen ich vor Langeweile nicht wusste, wie ich die Zeit rumkriegen sollte. Stillsitzen musste man. Nicht reden durfte man. Und nicht gähnen, kein Kaugummi kauen und auf gar keinen Fall lachen. Die Kirche, so wurde mir sehr schnell klar, ist ein düsterer, humorloser und unheimlicher Ort. Nicht dass unsere Kirche hässlich ist. Eigentlich gefiel sie mir sogar schon immer sehr gut, als Bauwerk. Aber das ganze Drumrum war so fade und öd. Auffallend war, dass mit dem Wegsterben der älteren Generationen die Gesänge der Glaubensgemeinde  immer spärlicher wurden. Bei Taufen weinten die Täuflinge bei Trauungen die Mütter der jeweiligen Brautleute (ich frage mich bis heuten warum)  und bei Konfirmationen saßen narkotisierte Jugendliche stundenlang vor dem Altar und warteten nur darauf sich nach dem Gottesdienst endlich offiziell betrinken zu können und die zu erwartenden Milliarden an Geldgeschenken zu zählen. Geld? Das fand ich interessant.  Ich wollte also auch ein Konfirmand werden, das war mir irgendwann klar. Und was soll ich sagen, der Wunsch wurde mir erfüllt.

Aber der Weg dahin war steiniger als gedacht. Zwei Jahre musste man einmal die Woche zum Konfirmandenuntericht bei Jungfrau Maria. Wir nannten sie so, weil sie Maria hieß und es für uns ausgeschlossen war, dass sie je in ihrem Leben über den Beziehungsstatus “ Jungfrau“ hinaus gekommen sein konnte. „Da will keiner freiwillig ran“, sagte einer von uns und wir wussten, dass er vermutlich recht hatte. Jungfrau Maria war eine unfreundliche und strenge Person, die uns jugendlichen Pennern penetrant versuchte den christlichen Glauben näher zu bringen. Oder das, was sie dafür hielt. Im Wesentlichen beschränkte es sich darauf, dass wir das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser aufsagen konnten und wenigstens anderthalb Lieder aus dem Gesangsbuch beherrschen sollten. Selbstverständlich machten wir uns im Geheimen darüber lustig und nicht einer, zumindest von den Jungs, war am Ende der zwei Jahre auch nur ansatzweise in der Lage irgendetwas mitzusingen.  Zwei Jahre lang jeden Dienstag für je zwei Stunden und das alles für die Katz.

Wir hatten weder eine Konfirmandenfreizeit noch irgendwelchen Spaß an der Sache. Bis auf das eine Mal. Es war kurz nach Silvester und jeder hatte zufällig alles an Böllern dabei, was noch nicht in der Neujahrsnacht verballert wurde. Als Jungfrau Maria für eine kurze Zeit den Gemeindesaal, in dem wir immer unseren Unterricht über uns ergehen lassen mussten, verließ, brach ein kurzer aber heftiger „Schusswechsel“ aus und wir, eine Horde kleiner Pyromanen, verwandelten den Raum in ein Inferno. Als sie kurze Zeit später wieder kam, war die Luft erfüllt mit Pulverdampf und der Boden übersät von den Sprensgstoffresten. Es war das einzige Mal, dass Maria die Beherrschung verlor. Ihr Gesicht war verzerrt vor Wut und in diesem Augenblick schien sie Satan wesentlich näher zu sein, als dem Heiland. Es war auf eine etwas beunruhigende Art beängstigend, als sie, vor Wut völlig außer sich, umherschrie und die Adern an ihrem faltigen Hals hervortraten. Es gruselte uns ein wenig, aber das war uns die Sache wert.

Zu den unbedingten Pflichten eines Vorkonfirmanden gehörte es auch, sich zu Gottesdiensten blicken zu lassen. Es gab wahrscheinlich keinen Ort der uncooler war für einen beinahe Vierzehnjährigen, als ein Gottesdienst am Sonntagmorgen. Man lümmelte auf einer der hintersten Bänke herum und bekämpfte verzweifelt das Verlangen auf der Stelle einzuschlafen. Unser Pastor tat sein Bestes, um diesen Zustand noch zu verschlimmern. Er hatte eine kratzig, röhrend brüchige Stimme und war der Erfinder und Meister der Langeweile. Er schaffte es innerhalb kürzester Zeit durch sein tonloses Sprechen und den noch tonloseren Gesang, jegliches Leben aus einem herauszusaugen. 10 Minuten mit ihm und man war ein willenloser Zombie, dem Sabberfäden am Mundwinkel entlangliefen.

Nur dass mich hier niemand falsch versteht, ich habe nichts gegen den Glauben an sich. Jeder Mensch glaubt an irgendwas. Der Glaube fängt da an, wo das Wissen aufhört. An welchen Punkt das ist, muss jeder für sich und mit sich ausmachen. Aber die Kirche in den frühen achtziger Jahren war eine verknöcherte und veraltete Institution und  hatte bei uns ein eklatantes Darstellungsproblem. Und ich denke es ist bis heute nicht grundsätzlich besser geworden. Die Konfirmation war dann eine Art Massenabfertigung. Man saß die meiste Zeit um den Altar herum, mit rund dreißig anderen Deliquenten und wartete auf das was da kommen möge. Manchmal stand man auf und betete mit der Gemeinde. Im Stillen: “ Lieber Gott, mach  dass das hier bald vorbei ist. Und dass eine Menge Mücken in den Umschlägen von der buckeligen Verwandschaft sein mögen.“ So in etwa. Natürlich dauerte es ewig. Besonders als es daran ging den Segen zu empfangen. Dazu musste man in Vierergruppen vor den Altar treten, eingezwängt in einen Anzug, der in den frühen 80ern erwartungsgemäß von Grund auf hässlich war und kniete nieder. Der Pastor, der ein bisschen nach Verwesung und billigem Aftershave roch, legte uns dann immer paarweise seine feuchten und kühlen Hände auf den Kopf und sagte zu jedem Konfirmanden einen Bibelspruch auf. Diesen fand man auf einer Urkunde wieder, die man eingerahmt anschließend an die gesamte Prozedur ausgehändigt bekam und der einem vollkommen egal war.

Die Kirche war natürlich gerammelt voll mit allen Angehörigen, die hereinpassten und die einem nach dem Gottesdienst gratulierten. Wozu? Dass man mitgemacht hatte? Egal, denn  mit jedem Gratulanten ging auch ein Umschlag einher, der mit einem netten Sümmchen gefüllt war. Tage und Wochen danach gab es dann weitere Geschenke von entfernteren Verwandten, Nachbarn, Bekannten und irgendwelchen Leuten, die meine Eltern von irgendwoher kannten. Ich weiß die Summe nicht mehr, aber ich war zum ersten Mal reich, wenn man das eigene Taschengeld als Maßstab nimmt. Ich sollte nie wieder derart reich sein. Die Sache mit dem Betrinken gestaltete sich etwas schwieriger. Zum Mittagessen gab es Wein, der einfach nur sauer war. Nein, er schmeckte mir überhaupt nicht…… auch als ich etwas Zucker dazu gab wurde es nicht besser. Ich trank aber trotzdem zwei Gläser, weil ich die Schieflage, in der sich die Welt danach befand, einfach nur toll fand. Später versuchten mein Cousin und ich uns mit Cola Martini in einen Vollrausch zu bringen. Was nicht gelang, weil die Mischung  wie miserabler Hustensaft schmeckte und auch eine ähnlich rauschfreie Wirkung hatte. Auf der Konfirmation von meinem Cousin, zwei Wochen später versuchten wir es mit Cola Pernod. Das klappte wesentlich besser. Mein Cousin hatte sich dann nachts aufs Klo gesetzt und ist dort eingeschlafen. Weil er die Tür abgeschlossen hatte und sich seine Eltern sorgten und er keinen Ton von sich gab, mussten sie die Tür aufbrechen. Danach wurde er von seinem Vater ins Gebet genommen und sozusagen nochmal konfirmiert.

Dass der Hase und ich heiraten würden, war eigentlich vorherbestimmt. Eine logische Konsequenz, die besagte, dass wir Werra und Fulda waren und zur Weser werden mussten. Es ging einfach nicht anders. Bei all unseren Gegensätzen war uns nach einer gewissen Zeit klar, dass wir das Leben miteinander teilen wollten. Es gab dafür keinen besonderen Anlass. Wir waren einfach dieses zweiteilige Puzzle, das nur dann vollkommen sein kann, wenn beide Teile zusammengefügt werden. Dass wir auch kirchlich heiraten würden, war uns beiden dabei irgendwie wichtig. Man sollte es nicht vermuten, nachdem ich zumindest ein sehr gespaltenes Verhältnis zu dieser Institution hatte. Es war einfach so, dass man eine standesamtliche Trauung im kleineren Rahmen hatte und eine Hochzeit erst dann komplett wurde, wenn sie kirchlich vollzogen  und in einem sehr festlichen Rahmen gefeiert wurde. Ich würde meinen Hasen immer wieder heiraten, jederzeit und ohne mit der Wimper zu zucken, aber ob ich dieses ganze Brimborium dabei bräuchte, weiß ich nicht. Das Versprechen, dass man sich gibt, wird nicht haltbarer durch die Art, wie man es feiert. Es kommt einfach nur darauf an, wie ernst man es meint. Und mit sowas spaße ich nicht. Da kann lebenslänglich auch schon mal länger dauern als angegeben.

Ich hatte immer die romantische Vorstellung, dass man sich entschließt zu heiraten, mal eben zum Standesamt geht, dort bescheid sagt, dann mit dem Pastor spricht und nebenbei noch ein Lokal anmietet, in dem man das Ereignis ausgiebig feiern kann. So nach dem Motto: „Hey mein Hase, wollen wir vielleicht mal heiraten?“ „Ja klar, wie wär´s mit nächster Woche?“ „Nee, da hab ich ein Handballspiel, aber danach wäre prima.“ „Ja, dann lass uns das mal machen.“ ….. Ja gut, an der Wortwahl kann  man noch arbeiten, aber der zeitliche Ablauf war in etwa so, wie ich es mir vorstellte. Ich hatte allerdings nicht berechnet, dass es auch noch andere Paare geben könnte, die genau die gleiche Idee antreibt. Und seltsamerweise waren wir auch nicht das einzige Paar, dass sich den Monat Mai als passenden Termin vorgestellt hatte. Das erschwerte die Sache. Es gab nur eine Handvoll Lokale, die für derlei Feiern in Frage kamen und noch weniger Kirchen. Aber wahrscheinlich hunderte von interessierten Paaren. Immer diese Leute, die einem alles nachmachen mussten. Ja, zwei Wochen Planungszeit waren in der Tat etwas sportlich, das musste ich einsehen. Es wurden eher 52 Wochen, also gut ein Jahr. Ein Jahr bevor man auf diese Weise in den Stand der Ehe treten konnte, musste man den ganzen Kram organisieren. Spontan ist anders. Natürlich organisierten wir, also der Hase und ich, die ganze Sache erstmal geheim. Erst wesentlich später wollten wir damit an die Verwandten und Bekannten herantreten. Um ein Haar hätten wir gleichzeitig  mir sehr guten Freunden von uns geheiratet, weil die beiden es einfach geheim gehalten hatten. Skandal……Oder  zumindest beinahe, denn sie heirateten eine Woche vor uns. Puh, das war knapp. Zwei Monate später andere sehr gute Freunde. Und davor und danach noch viele weitere Bekannte, Freunde, Verwandte, Geschwister und Kollegen und so weiter. Es war wie eine Epedemie. An jeder Ecke wurde geehelicht. Ein Phänomen, dass später mit schwangeren Frauen zu beobachten war. Sobald die eigene Frau schwanger war, war die Welt übervölkert mit schwangeren Frauen.

Die wichtigste Hochzeit war natürlich die unsere. Nach ersten Sondierungsgesprächen mit Gastwirt und Pastor, wurde ein Termin gefunden und festgemacht. Die Monate danach waren immer wieder erfüllt mit Planungen und organisatorische Dingen. Irgendwann wurde dann die Kostümierung erworben. Der Hase ging mit meiner zukünftigen Schwiegermutter los, um ein Brautkleid zu finden. Was für den flüchtigen Betrachter, sofern es ein männlicher Betrachter ist, keine Herausforderung darstellt. Nee jetzt ehrlich, ein Mann denkt sich, da hängen vier oder fünf weiße Kleider im Laden und aus denen sucht man sich eins aus und fertig. Aus gut unterrichteter Quelle aber weiß ich, dass so eine Brautmodenabteilung, oder gar ein Brautmodengeschäft mitunter die Dimension eines mittelgroßen Dorfes annehmen kann und dort mehr weiße Kleider hängen, als es Sandkörner in der Wüste gibt. Heerscharen von zukünftigen Bräuten erstürmen diese Hochburgen der weißen Eleganz und die dazugehörigen und mitgeführten Eltern weinen dabei gerne. Die Mütter vor Rührung, die Väter, weil sie dies sündhaft teure Kleid, das auch nur einmal getragen wird, bezahlen dürfen. Irgendwann meldete der Hase Vollzug. Sie hatten eines gefunden. Natürlich durfte ich es nicht sehen, aber der Hase schwärmte sehr davon. Es war augenscheinlich perfekt und ich hoffte nur, dass meine Begeisterung dem, am betreffenden Tag, auch gerecht werden würde. Sie wurde es. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, war mir mein Hase trotzdem noch wichtiger als das wirklich perfekte Kleid.

Weil meine Eltern für Gleichberechtigung waren, wurde mir von ihnen auch mein Hochzeitsanzug spendiert. Ich war nie ein Freund von Anzügen und werde es auch nie sein. Auch Krawatten habe ich schon immer gehasst. Außerdem war ich modisch ein Totalausfall. Deshalb erschien es mir am sichersten, wenn meine Schwestern und meine Mutter bei der Auswahl der passenden Bekleidung beratend an meiner Seite stehen würden. Es wurde ein Smoking. War wohl angesagt damals. Auch andere Bräutigame trugen so etwas. Meinen habe ich auch nicht öfter getragen, als der Hase das Brautkleid. Unvergessen bleibt mir dabei der Verkäufer, der erstens sagte, dass ich an den Schuhen, die ich im Vorfeld habe aussuchen lassen, lange Freude haben würde  und zweitens, dass ich für die Hose eine Zwischengröße benötigen würde. Eine für kleine untersetzte Männer. Ein Visionär, wie er im Buche steht. Das mit dem Untersetzten hat sich im Laufe der Jahre wirklich so entwickelt (auch wenn ich nicht klein bin) und die Schuhe habe ich immer noch. Zu jeder Gelegenheit, die einen festlichen Schuh erfordert, trage ich sie. Seit über zwanzig Jahren, innerhalb derer, dieser Schuh mehrfach unmodern und dann wieder modern geworden ist. Wie da der aktuelle Status ist, weiß ich nicht und es ist mir auch egal, aber die Dinger halten. Einwandfrei.

Die weitere Logistik kürze ich jetzt mal ab. Erwähnenswert wäre noch die Suche nach einer geeigneten Band für die Feier. Damals hatte man noch eine Band und keinen DJ.  Wir hatten rechtzeitig, weil mein Hase ein sehr rechtzeitiger Mensch ist, eine Combo verpflichtet, die einen besonders guten Ruf hatte. So eine Band von der Sorte, die Lahme zum Gehen, bzw. Tanzen bringen und auch eine Beerdigung in ein Freudenfest verwandeln konnte. „Bingo! Yeah! Das läuft!“, dachte ich. Da klingelt das Telefon. Der Bandleader dran….. Ja, wenn wir in unseren Vertrag sehen würden, gäbe es da eine Klausel, dass sie (also die Band) von eben jenem Vertrag zurücktreten könnten, wenn sie für den gleichen Zeitraum ein lukrativeres Angebot bekämen. Sie (also dieses elenden Verräter) würden sich im Gegenzug verpflichten, drei Bands zur Auswahl zu präsentieren, die dann in Vertretung spielen könnten, sofern wir es wollten. Nur sie selbst (diese schleimigen Krampen) wären damit nicht mehr zur Verfügung. ….Tja, und genau dieser Fall war eingetreten. Satt einen Samstag mit einer Viererbesetzung, konnten sie ein Wochenende zu fünft spielen und das dreifache verdienen. Auf Wiederhören.

Rumms, das saß! Eilig durchwühlten wir diesen ominösen Vertrag. Und was soll ich sagen, dieser Passus stand wirklich drin. Nur hatten wir ihn überlesen. Aber mal ehrlich, wer rechnet denn schon mit sowas? Da wo ich herkomme, sagt man: „Wollt ihr bei uns auf der Hochzeit spielen?“ Und die Musiker sagen dann“Ja, das wollen wir machen. Gerne machen, natürlich!“ Dann raucht man eine Friedenspfeife, besiegelt das Ganze mit Blut und damit ist die Sache geritzt. Möglich ist aber auch die Variante ohne Pfeife und Blut. Aber geritzt ist geritzt. Da muss man sich später keine Gedanken machen. Wenn vielleicht ein Gruppenmitglied vorher das Zeitliche segnet, könnte man über ein vermindertes Engagement nachdenken. Sollte die ganze Kapelle beispielsweise bei einem Flugzeugabsturz vom Ableben Gebrauch machen, wäre das der einzig triftige Grund für ein zumindest vorübergehendes Nichterscheinen. So etwas wäre denkbar. Aber nicht, dass die geldgierigen Instrumentenquäler einfach eine bessere Gelegenheit gefunden haben.

Ich war für meine Verhältnisse schon echt sauer. Aber der Hase war noch viel saurer. Ein Zitronenhase, wenn man so will. Denn wenn es eins gibt, was mein Hase auf den Tod nicht ausstehen kann, dann ist es Unzuverlässigkeit! Planungssicherheit für große Ereignisse ist für sie seeehrr wichtig. Und eine Band für die Hochzeit rechtzeitig verpflichtet zu haben ist ein Baustein, der an Wichtigkeit kaum zu überbieten ist. Die Anwesenheit des Bräutigams ist dagegen eher zweitrangig. Verständlicherweise. Denn ich kann weder singen, noch ein Instrument spielen. Bei aller Liebe, aber einen Saal zum Beben zu bringen, war mir nicht gegeben und wird es nie sein. Diese unverhoffte Absage war dann auch ein Schlag ins Kontor, der dem Hasen schwer zusetzte. Nur mit Mühe konnte ich sie davon abhalten, das Telefon aus dem Fenster zu werfen. „Da kann der Apparat auch nix dafür“, sagte ich und suchte lieber schnell das Weite. Wenn der Musiker an diesem Tag vor Ort gewesen wäre, er hätte das Haus nicht in einem Stück verlassen.

Und so standen wir da. Ohne Band und mit drei Kontaktdaten zu anderen Gruppen, die wir im Leben noch nie gehört hatten und von denen wir nicht im Geringsten wussten, welchen Ruf sie hatten. Das Internet war noch in seinen Kinderschuhen und es war deshalb nicht möglich mal eben die Homepage einer Band aufzurufen. Man hatte noch keine Homepages. Und ich wusste noch nicht einmal was so etwas ist. Was tun? Sollte ich noch singen lernen? Würde der Hase auf der Blockflöte spielen? Würden wir unsere Hochzeit als Sit-in gestalten? Fragen über Fragen……Doch dazu mehr in der nächsten Folge. Außerdem noch dabei, ein falscher Nachname und Frau Eichler, die eigentlich anders hieß, deren Namen ich aber aus Gründen der Höflichkeit ins Unkenntliche  verändert habe……….