Und nein, ich meine hier nicht das deutsche Kittchen, was die flapsige Formulierung für das Gefängnis ist, sondern den englischen Ausdruck für Küche. Die Küche, jeder der irgendwie eine Wohnung bewohnt, (außer meinem Erdloch in Oldenburg), hat auch eine Küche. Die Küche ist oft der Dreh und Angelpunkt einer Wohnung und allein die Tatsache, dass dort Speisen zu finden sind, oder sie dort zubereitet werden, macht die Küche so unfassbar wichtig für einen Gern- und Vielesser wie mich. Als wir unser Haus bauten und der Bau schon reichlich fortgeschritten war, mussten wir uns damit beschäftigen, wie wir den Raum, den wir der Küche zugedacht hatten, mit der passenden Einrichtung ausstatten könnten. Das Thema ist in der Chronologie meiner Hasenhüttl Diary ein wenig aus dem Rahmen gefallen, aber ich möchte mich ihm trotzdem mal zwischendurch widmen. Doch vorab gibt es noch ein aktuelles Beispiel für prägende Verkaufsgespräche. Also beginnen wir im Prinzip mit der jüngeren Vergangenheit, bevor wir uns der Küchenhistorie widmen.
Unter den unbeliebtesten Berufen, die der durchschnittliche Erwachsene in Deutschland bewertet hat, ist der des Versicherungsvertreters ganz weit vorn. Ein zweifelhafter Status, den ich hier nicht bewerten möchte. Es sind nur statistische Tatsachen, die ich wiedergebe. Warum das so ist…..nun, das wird seine Gründe haben, die mich hier aber weniger interessieren. Wer jedoch nicht in dieser Top Ten auftaucht, aber eigentlich einen Sonderplatz verdient hätte, ist der Küchenverkäufer. Nach dem Motto: Wer nichts wird, wird Wirt und wer überhaupt nichts wird, der verkauft Versicherungen, oder eben Küchen. Obwohl man das auch auf die Spezies des Möbelverkäufers in abgeschwächter Form ausdehnen könnte.
So zum Beispiel dieses eine Exemplar, das uns heimsuchte, als wir uns im Zuge unserer aktuellen geplanten Umbaumaßnahmen im Obergeschoss mit dem Gedanken beschäftigten, dass es nach einigen Jahrzehnten vielleicht auch mal an der Zeit sei, sich ein neues Bett zu kaufen. In einer Art Brainstorming sind wir dann in dieses eine Möbelhaus gegangen, um einfach mal einen Eindruck zu kriegen, wie vielen alten Frauen man die Handtaschen klauen muss, um sich eine neue Liegestatt leisten zu können. Und, nebenbei bemerkt, es sind einige Handtaschen. Wir erreichten die Etage mit den Schlafzimmermöbeln. Eine Etage, die in etwa so groß ist wie der tropische Regenwald, der täglich abgeholzt wird, um Möbel herstellen zu können. Die Auswahl war groß, die Wege waren weit und der Hase und ich waren für den ersten Moment ein wenig erschlagen, von dem Angebot und wir wussten nicht, wo man anfangen sollte.
Doch der Herrgott in seiner unendlichen Weisheit sandte uns einen Engel, auf dass er uns helfe. Nun gut, es war kein Engel, sondern ein Fachverkäufer für Betten und nach den ersten drei vier Sätzen, die er sprach, war klar, dass er vielleicht nicht selbst Gott ist, aber mit Sicherheit dessen rechte Hand. Zumindest auf dem Sektor des Bettenverkaufs. Der Jesus des Boxspringbettes. Er sprach sehr laut und unecht freundlich. Vielleicht hatte er auch schon mal Versicherungen verkauft, man weiß es nicht. „Womit kann ich ihnen helfen?“, fragte er lautstark. Wahrscheinlich musste er so laut reden, weil seine Abteilung flächenmäßig so riesig war. Wir zuckten ein bisschen zusammen und der Hase antwortete: „Wir sind auf der Suche nach einem neuen Bett und wollten….“ „Da sind sie bei mir an der genau richtigen Adresse“, sagte er, um dann noch den Zusatz: „Warum sag ich das?“ hinzuzufügen. Und noch bevor wir die Chance hatten, auf seine rhetorische Frage einzugehen, beantwortete er sie lieber gleich selbst: „Weil ich natürlich der allerbeste Bettenverkäufer von Gottes Gnaden bin und Sie sich glücklich schätzen können, dass es mir gefallen hat, Sie bei Ihrer Suche zu unterstützen!“
Das hatte er natürlich nicht in diesem Wortlaut gesagt, aber wenn man ein bisschen zwischen den Zeilen lesen konnte, wusste man, dass dieser Subtext in seiner eigentlichen Aussage mitschwang. Er mochte sich schon recht gerne und noch lieber mochte er sich reden hören und durch seine Lautstärke ermöglichte er es auch den Menschen auf den anderen Etagen, seiner Fachkundigkeit teilhaftig zu werden. Was er genau sagte, weiß ich nicht mehr, jedenfalls musste der Hase ihn bremsen, um zu sagen, dass wir an diesem Tag uns nur einen ersten Eindruck davon verschaffen wollten, was es auf dem Markt so gibt und was für uns eventuell in Frage käme. Einen Kauf hatten wir noch nicht beabsichtigt. Es sei denn, uns würde das Superangebot entgegenboxspringen. Aber das musste der Verkäufer eigentlich noch nicht wissen.
„Das ist kein Problem“, sagte der Fachmann für Liegenschaften, „ich werde Ihnen einfach mal eine Auswahl an verschiedenen Modellen zeigen. Auch einige, die vielleicht nicht gänzlich ihrem Suchprofil entsprechen. Warum mach ich das?“ „Weil wir auf dieser scheißgroßen Etage mit den vielen Betten, weit und breit die einzigen Kunden sind und Du nicht weißt, wie Du sonst die Zeit totschlagen sollst?“ Das hätte ich am liebsten erwidert, aber ich hielt mich zurück und lauschte seiner Erklärung, warum er das nun machte. Naja, eigentlich habe ich nur mit einem Ohr hingehört.
Im eigentlichen Sinne war er aber kein schlechter Verkäufer, denn er wusste viel über die Materie und erklärte uns viele Details, die für uns wichtig waren. Allerdings täuschte mein erster Eindruck nicht und er hörte sich wirklich sehr gerne reden und jede Aussage (das ist jetzt wirklich kein Witz) endete immer mit der Frage: „Warum sage ich das?“, oder „Warum mache ich das?“ Spätestens nach dem 23. Mal war ich kurz davor ihn anzuspringen und zu würgen. Und dabei würde ich ihm irre in die Augen blicken und sagen: „Warum mache ich das?“ Er würde wissen warum, da war ich mir sicher.
„Ich wiege auch über 100kg“, sagte er mit einem geschulten Blick auf meinen Körper, „allerdings verteilt sich das Gewicht bei mir ganz anders, weil ich eben auch größer bin. Warum sage ich das?“ Offensichtlich, weil er mich für einen dickbäuchigen Fettsack hielt. Und auch wenn er prinzipiell nicht ganz falsch lag (mein Spiegelbild spricht da Bände), er hätte es nicht unbedingt mehr als zwölfmal erwähnen müssen. Eine Charmeoffensive war das nicht wirklich. Er hetzte uns von Bett zu Bett und so langsam wurde ich müde von der ganzen Lauferei und Hinlegerei. Ich glaub dem Hasen ging es ähnlich und wir waren geneigt, vor Ort einfach liegen zu bleiben und dann ein Nickerchen zu halten.
„Wenn Sie das nächste Mal wiederkommen“, sagte er, als er merkte, dass mit uns heute kein Geschäft zu machen wäre, „dann lasse ich sie auch mal für 15 Minuten in einem Bett Ihrer Wahl liegen. Warum mache ich das?“ Vielleicht, weil er uns im Schlaf die Wertsachen klauen wollte? Wir werden es nie herausfinden. Wir bedankten uns höflich für die Beratung und hatten einen leichten Tinnitus von seinem ausgeprägt lauten Stimmorgan. Wir verließen die menschenleere Bettenabteilung ohne Kaufvertrag und waren uns einig, dass wir höchstwahrscheinlich nicht wiederkommen würden. Warum dachten wir das? Nun, es war so ein unbestimmtes Gefühl, dass wir nicht göttlich genug waren.
Das war die aktuelle Bettengeschichte. Wir haben dann woanders eines erstanden. Der Verkäufer dort war noch kompetenter und vor allem freundlich, sehr ruhig und zurückhaltend. Die vielleicht bessere Masche, ein Bett zu verkaufen. Er leitete uns im Gespräch so, dass wir hinterher das Gefühl hatten, wir wären von selbst darauf gekommen, welches Bett wir schlussendlich nehmen würden. Preislich kam er uns so weit wie möglich entgegen und der Hase handelte noch ein paar Extras heraus. So kam es, dass wir am Ende eigentlich sehr zufrieden mit dem Gesprächsverlauf waren. Allerdings gab es auch hier einen Wermutstropfen, denn er sagte uns, dass er diesen Preis für das Gesamtpaket nur an diesem Tag halten könne und er noch mit seinem Abteilungsleiter / Chef sprechen müsse, ob er diesen Preis überhaupt machen dürfte. Eine Entscheidung vor Ort und an diesem Tag war also notwendig. Diese Art des Verkaufsgespräches hörten wir allerdings nicht zum ersten Mal und Erinnerungen wurden wach. Erinnerungen an den Kauf unserer Küche vor rund 19 Jahren. Und wie ich aus meinem näheren Umfeld erfahren habe, ist es heute noch immer so wie damals.
Der Kauf unserer ersten Küche, war für unsere zweite gemeinsame Mietwohnung und ist damals komplett an mirvorübergegangen. Meine Schwiegermutter und der Hase (beide Weltmeister im Feilschen) gingen zu einem Küchenstudio, mit dem meine Schwiegereltern schon gute Erfahrungen gemacht hatten. Ich war damals wie gesagt nicht dabei, konnte mir aber vorstellen, wie die beiden den Verkäufer an den Rand der Verzweiflung runterhandelten. Überraschenderweise musste wir trotzdem noch Geld bezahlen. Das Ergebnis war dann aber recht gut und die Küche hatte in drei Behausungen ihren Platz gefunden und wurde deswegen auch dreimal ab- und in anderer Konstellation wie vorher wieder aufgebaut. Doch für unser eigenes Haus, in dessen Bauphase wir steckten, würden wir uns eine neue Küche kaufen. Das war im Finanzierungsplan auch so vorgesehen.
Das Küchenstudio von damals gab es nicht mehr (wahrscheinlich ruiniert vom Hasen und der Hasenmutter) und so mussten wir uns nach einem anderen Laden umsehen, der für uns in Frage käme. Ich bin ja immer ein Freund davon bei solchen Gelegenheiten auf die Erfahrungen anderer Leute zu hören. Und aus unserem erweiterten Bekanntenkreis hatten wir von einem Küchenstudio gehört, das gegenüber von einem großen Einkaufscenter gelegen war und das preislich sehr gut wäre. Und auch im Nachgang, mit Lieferung und Montage hätte es keinerlei Probleme gegeben, wurde uns versichert. Also machten wir uns daran, den Raum zu vermessen und erstellten uns eine gedankliche Liste darüber, was uns wichtig wäre.
Wir betraten den Laden und es waren auf der recht großen Verkaufsfläche diverse Musterküchen aufgebaut. Scharfsinnig, wie ich nun mal bin, schloss ich daraus, dass wir in einem Geschäft für die Veräußerung von Küchen waren. Außer uns gab es anscheinend noch einige weitere potentielle Küchenkunden und eine mittelgroße Anzahl an Verkäufern, die sie umgarnten. Es dauerte nicht lange und ein Vertreter dieser Spezies war bereit, sich unserer anzunehmen. „Herzlich willkommen, wie kann ich Ihnen helfen?“, sagte das junge, dynamische und adrett gekleidete Modell eines Powersellers. Natürlich wusste er, was wir wollten und wir wussten, dass er es wusste, aber trotzdem präsentierten wir ihm die überraschende Erkenntnis, dass wir in ein Küchenstudio gekommen waren, um bestenfalls eine Küche zu kaufen. Wer hätte das vermuten können?
Bevor er mit uns in ein detaillierte Planung ging, zeigte er uns erst einmal ein paar der ausgestellten Küchen und durch seine feinen Verkäuferantennen, konnte er sehen, in welcher Qualitätsstufe wir uns wohl fühlten und welches Preissegment uns innerlich zusammenzucken ließ. Nicht dass ich jetzt großartig als Kenner der Materie hervorstach, aber mein Gefühl sagte mir, dass man hier keinen Ramsch verkaufte. Wenn ich es äquivalent zu Automarken sagen sollte, wurden hier vom VW Golf bis zum Rolls Royce alle erdenklichen Modelle veräußert. Wobei wir die Luxusklasse bei unseren ersten Ermittlungen nur kurz streiften. Preiskategorien, bei denen mir die Luft wegblieb. Und ich war mir sicher, dass es wirklich Menschen gab, die sich sowas leisten konnten, ohne mit der Wimper zu zucken. Für uns war das jedenfalls komplett jenseits dessen, was wir bereit und in der Lage waren, uns leisten zu können. Wir hätten ansonsten alternativ beim neuen Haus Abstriche machen müssen. Aber die Kinder waren nicht bereit auf ihre Zimmer zu verzichten.
Jedenfalls näherten wir uns den Objekten in unserer Preisklasse und selbst die waren nicht gerade hinterhergeschmissen. Aber wir waren auch nicht völlig von einer anderen Welt und wussten, dass so eine neue Küche auch eine Menge Geld kosten würde. Sie sollte ja auch möglichst lange ihren Dienst tun und das würden wir uns auch ein bisschen kosten lassen wollen. Oder um es mit den Worten eines analphabetischen Poeten zu sagen: Qualität hat halt seinen Preis.
Wir wurden herumgeführt und das dynamische Verkaufstalent zeigte uns einige technische Details. So waren Schubläden, die sich sanft schließen noch etwas Neues und Ungewöhnliches. Zumindest für mich und ich staunte, als ob ich eine neue außerirdische Lebensform entdeckt hätte. Sowas wollte ich auch haben. Mit vielen Wünschen und Details machten wir uns dann an die detailliertere Planung und der Verkäufer und Berater und offensichtlich auch Computerspezialist erstellte uns an seinem Rechner ein virtuelles 3D Modell der Küche, die nach unseren Angaben und den räumlichen Vorgaben maßgeschneidert auf seinem Bildschirm erschien. Es waren die frühen 2.000er und 3D Grafiken waren nicht gerade alltäglich. Ich staunte Bauklötze und empfand das alles als dermaßen täuschend echt simuliert, dass ich mich nur schwer beherrschen konnte, nicht den Versuch zu unternehmen, Schranktüren auf dem Bildschirm zu öffnen. Technischer Schnickschnack mit dem man die einfältigeren Kunden ein Stück seit ködern könnte. Und ich war die prädestinierte Zielgruppe.
Aber auch ich, in meiner Einfältigkeit, wusste, dass es das alles nicht umsonst geben würde. Trotzdem rauschte durch meinen Kopf, das implantierte Mantra: „Die will ich haben!“ Nachdem nun alles im Baukastensystem geplant war (genaugenommen musste der Verkäufer nur eine Reihe von Clicks machen und eigentlich nicht großartig kreativ werden), ging es dann ans Eingemachte: den Preis. Oder sollte ich lieber sagen: DEN PREIS !!! Denn so einfach, dass er sagen konnte, was das alles kosten sollte, war es dann auch nicht. „Ich stelle das mal eben zusammen und dann zeige ich Ihnen, was das eigentlich so kosten müsste. Aber das ist nicht der letzte Preis, den ich Ihnen machen kann. Also sollten Sie dem nicht die größte Beachtung schenken. Am Besten Sie beachten ihn gar nicht“, sagte er und tippte auf einem Taschenrechner, oder dem Computer (ich weiß es nicht mehr, ist ja auch schon lange her) mit überbordender Geschwindigkeit die einzelnen Positionen ein und runzelte hier und da ein bisschen geschäftstüchtig die Stirn. Und ich fragte mich, warum ich mir einen Preis ansehen sollte, den ich nicht beachten durfte und der nicht annähernd der Preis sein würde, den wir bekommen könnten.
Er präsentierte uns das furchterregende Ergebnis und ich kippte vom Stuhl. Natürlich nur sinnbildlich, aber ein bisschen schwarz vor Augen wurde mir schon. Wie der Hase und ich manchmal sind, hatten wir damals zwar viele Ideen, aber kein eindeutiges Preislimit. Auch weil uns Vergleichswerte fehlten. Aber dieser erste Preis war derart astronomisch, dass wir geneigt waren, die Flucht zu ergreifen. Natürlich wusste unser Verkäufer, was in uns vorging und dass er weit über eine mögliche Grenze gegangen wäre. Deshalb zögerte er auch keine Sekunde und redete von ein paar Rabatten hier und Nachlassmöglichkeiten da und wie aus dem Nichts waren die ersten 35 % heruntergerechnet. Ich war fasziniert, hatte aber keine Ahnung, warum man so mir nichts, dir nichts auf diesen Batzen Geld verzichten konnte. Die Summe, die dann im Raum stand, war also wesentlich geringer und die Einfalt in mir, hätte sofort unterschrieben und mit dem guten Gefühl, ein tolles Geschäft gemacht zu haben, hätte ich den Laden verlassen.
Aber ich hatte ja die transaktionistische Geheimwaffe dabei: meinen Hasen. Und wenn jemand auf der Welt verhandeln und feilschen kann, dann ist es mein Hase. Manchmal ist es mir ein bisschen unangenehm, wenn ich dabei bin, wenn sie sowas macht, weil ich da einfach einfacher gestrickt bin und für mich ein Preis nunmal ein Preis ist und ich immer denke, dass mein Gegenüber ehrlich und nett ist. Wenn ich allerdings sehe, was da manchmal möglich ist, wenn man hartnäckig bleibt und verhandelt, dann regt sich in mir der Gedanke, dass ich eigentlich mit meiner vertrauensseligen Ader mehr Opfer als Kunde bin. Um mich davor zu bewahren, habe ich meinen Hasen. Mein Hase verhandelt halt hart. Ich kann gar nicht genau sagen, wie sie das macht, aber sie weiß an welchen Stellschrauben sie drehen muss, um ihr Gegenüber davon zu überzeugen, dass sein Preis einfach zu hoch ist. Aber es hätte mich nicht gewundert, dass am Ende der Transaktion ein entnervter und erschöpfter Verkäufer uns zwei Küchen zum Preis von einer gegeben hätte.
So weit ist es natürlich damals nicht gekommen, aber die Verhandlungen waren nicht einfach und am Ende stand ein Preis, der rund 60% unter dem lag, was er als allererstes kurz gezeigt hatte und immer noch über 30% günstiger als sein erster „richtiger Preis“. „Weiter runtergehen kann ich nicht und ich muss noch mit meinem Chef telefonieren, ob ich diesen Preis überhaupt „preisgeben“ kann“, witzelte er. Und obwohl wir einen Geschirrspüler hatten und den auch in der neuen Küche nutzen wollten, bot er uns einen neuen Spüler an. „Sie können den natürlich weglassen, aber da sparen sie nur 10€“, erläuterte er. Auch warum das so war, hatte er erklärt, aber ich habe es nicht verstanden. Auf jeden Fall konnte er uns sagen, dass dieser unfassbar günstige Preis für alles inklusive Spüler nur an diesem Tag gelten würde. „Morgen kann ich den nicht mehr halten. Sie müssten sich schon noch heute entscheiden,“ sagte er mit einer gewissen Bestimmtheit, die uns nicht daran zweifeln ließ, dass wir alles ausgereizt hatten.
Mir machte dieser Zeitdruck eigentlich Magenschmerzen und der Hase fühlte sich auch nicht recht wohl damit. Aber wir wollten zumindest ein wenig Bedenkzeit haben. Also schlenderten wir noch für rund zwei Stunden durch das Einkaufscenter auf der anderen Straßenseite und unsere Köpfe rauchten. Denn eigentlich sind wir so gestrickt, dass wir vor wichtigen Entscheidungen noch gerne mal eine Nacht schlafen wollen. Eigentlich auch unser gutes Recht als Käufer. Wir sind dann damals aber von diesem Kurs abgewichen und entschlossen uns, etwas kurzfristiger zu handeln. Warum machten wir das? Nun, es gab drei Gründe. Erstens hatten wir ja schon Erfahrungen von anderen Bekannten mit dem Laden im Hinterkopf und die waren alle zufrieden. Zweitens drängte die Zeit auch ein bisschen. Und drittens, waren wir uns einig, dass wir zu diesem Preis auch woanders höchstwahrscheinlich nicht mehr Küche bekommen würden.
Wir haben damals zugeschlagen und sind mit einem mulmigen Gefühl nach Hause gefahren. Im Nachhinein muss man sagen, es hat alles sehr gut geklappt. Die Küche kam pünktlich und wurde auch sehr gut aufgebaut. Sie ist nun volljährig und hat auch schon einige Gebrauchsspuren, aber das war zu erwarten. Also kann man doch rundum zufrieden sein. Aber dieses Ermitteln des Preises und dann, wenn man am äußersten Ende angelangt ist und man weiß, dass es höchstwahrscheinlich noch lange nicht das äußerste Ende ist, noch diese Sache mit dem Telefonat mit dem Chef / Abteilungsleiter, also das ist schon eine komische Sache und auch das mit dem Preis nur für diesen einen Tag.
Es ist halt alles so unecht, was da aufgetischt wird und man wird in gewisser Weise auch genötigt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass da nie mit irgendeinem Vorgesetzten telefoniert wurde. Und aus sicherer Quelle weiß ich, dass das immer noch der Standardspruch für Käufer ist, die gerne den Preis runterhandeln. Wie gesagt, ich hätte schon beim zweiten Preis, den er genannt hatte, zugeschlagen und schwupp, hätte er mal eben ein paar Tausender mehr verdient. Das hat bei uns nicht vollständig geklappt, aber dafür wird dann der nächste Kunde, der so gestrickt ist wie ich, übers Ohr gehauen. Auch wenn unsere Küche so langsam in die Jahre kommt, werden wir in absehbarer Zeit noch keine neue kaufen. Und wenn es soweit ist, dann gehen wir wieder in ein Küchenstudio und wenn wir wieder so genötigt werden, einen Preis noch am selben Tag anzunehmen und den Vertrag zu unterschreiben, werden wir den Laden verlassen und uns anderweitig umsehen. Warum machen wir das? Weil wir es können.